BGH: Vorkaufsrecht von Angehörigen geht Mietervorkaufsrecht vor
Beschluss v. 27.09.2024 - Az.: V ZR 48/23
Ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten eines Familienangehörigen hat Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht eines Mieters, selbst wenn es erst nach Überlassung der Wohnung an den Mieter bestellt wurde.
Geschiedene Eheleute teilten ihr gemeinsames Haus im Zuge ihrer Trennung im Jahr 2016 in Wohnungseigentum auf. Der Mann erhielt von den drei Eigentumswohnungen zwei Wohnungen, die Frau eine. Der Mann verkaufte 2019 die Eigentumswohnung, die schon seit der Aufteilung vermietet war. Daraufhin machte die Ex-Frau ihr Vorkaufsrecht geltend. Auch der Mieter der Wohnung übte sein Vorkaufsrecht (Mietervorkaufsrecht nach §577 Abs. 1 S. 1 BGB) aus. Der Mieter wurde sodann als Eigentümer im Grundbuch ein-getragen. Die Ehefrau war der Ansicht, ihr Vorkaufsrecht sei gegenüber dem Mietervorkaufs-recht vorrangig. Sie verlangte von ihrem Ex-Mann, ihr das Eigentum an der Wohnung zu übertragen und zu bewilligen und dass sie als Eigentümerin eingetragen wird.
Der BGH entschied, dass das dingliche Vorkaufsrecht der Ex-Frau Vorrang vor dem Mietervorkaufsrecht hat. Ein dingliches Vorkaufs-recht hat jedenfalls dann Vorrang vor dem Vorkaufsrecht des Mieters, wenn es vom Eigentümer zu Gunsten eines Familienangehörigen im Sinne von § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB bestellt wurde. So lag der Fall hier. Denn Eheleute gelten auch dann als Familienangehörige im Sinne dieser Regelung, wenn sie geschieden sind. Das dingliche Vorkaufsrecht hat auch dann Vorrang, wenn es erst nach Überlassung der Wohnung an den Mieter bestellt wurde. Gemäß der obigen Vorschrift könnte der Vermieter die Wohnung auch direkt dem Familienangehörigen verkaufen, ohne dass der Mieter zum Vorkauf berechtigt war.