Direkt zum Inhalt
Bild
Urteile Haus&Grund

BGH zum WEG

Mit seinem Urteil vom heutigen Tag (V ZR 299/19) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass für vor dem 1. Dezember 2020 (Inkrafttreten der WEG-Reform) bei Gericht anhängige Verfahren die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, bestehen bleibt, wenn nicht ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft mitgeteilt wird.

Der konkrete Fall:

Ein Wohnungseigentümer wehrte sich klageweise gegen die Bepflanzung des Nachbargrundstücks mit Heckenpflanzen, welche den vorgegebenen Pflanzabstand verletzten. Für die Ausübung diese Rechts, die Verletzung des Gemeinschaftseigentums betreffend, war er befugt, wenn – wie in diesem Fall – die Gemeinschaft dieses Recht nicht an sich gezogen hat. Nach neuem Recht stünde ihm diese Befugnis nicht mehr zu, da gem. § 9a Abs. 2 WEG ausschließlich die Gemeinschaft für die Ausübung solcher Rechte zuständig ist.

Das Urteil des BGH:

Der BGH hatte nun entscheiden, welche Auswirkungen der neue § 9a Abs. 2 WEG auf eine vor dem 1. Dezember 2020 erhobene Klage hat, insbesondere ob der Kläger mit Inkrafttreten dieser Vorschrift die ursprünglich bestehende Prozessführungsbefugnis verliert. Für diese Situation sieht das Wohnungseigentumsgesetz nämlich keine speziellen Überleitungsregelungen vor.

Der BGH entschied, dass die Prozessführungsbefugnis des Wohnungseigentümers über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG fortbestehe, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs (z. B. Verwalter) über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird. Die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG enthalte eine planwidrige Regelungslücke. Ein nachträglicher Wegfall der Prozessführungsbefugnis während des laufenden gerichtlichen Verfahrens hätte zur Folge, dass das bis dahin geführte Verfahren gänzlich nutzlos gewesen wäre und im Ergebnis nur erheblichen Aufwand und Kosten verursacht hätte. Dies könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen und müsse umso mehr gelten, als das ansonsten eine so genannte unechte Rückwirkung entstehen würde. Zudem hätte der Gesetzgeber ansonsten die Gründe anhand des gesetzgeberischen Ziels erläutert. § 48 Abs. 5 WEG zeige, dass Änderungen des Verfahrensrechts bereits anhängige Verfahren unberührt lassen solle.

Im Hinblick auf § 9a Abs. 2 WEG sei daher anzunehmen, dass es dem Plan des Gesetzgebers entspreche, die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers in einem bei Gericht bereits anhängigen Verfahren nicht schon durch das bloße Inkrafttreten der Neuregelung entfallen zu lassen. Gleichzeitig habe er aber den Rechten der Gemeinschaft Rechnung getragen, indem er die alleinige Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft übertragen habe. Daraus folge, dass die WEG das bereits anhängige Verfahren als Partei weiterführen oder untersagen könne. Dies müsse jedoch bei Gericht geltend gemacht werden.

 

Jetzt Haus & Grund-Mitglied werden

Sie suchen Rat zu Fragen rund um Ihre Immobilie? Wir sind für Sie da – ganz in Ihrer Nähe. Wir setzen uns engagiert, kompetent und individuell für das private Eigentum unserer Mitglieder ein.