Vianden: Viele Eigentümerinnen und Eigentümer fühlen sich mit ihren Ängsten alleine gelassen
Begrüßungsrede zum Jahresempfang von H&G Bonn/Rhein-Sieg 2023 durch den Vorsitzenden Dirk Vianden
Liebe Gäste, liebe Freundinnen und Freunde von Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg. Ich begrüße Sie heute alle herzlich und "insgesamt", sozusagen! Denn alle, die heute hier im Uni-Club sind, arbeiten mit uns zusammen, zumeist eng und vertrauensvoll, selbst wenn es um kritische Themen geht, immer das Wohl unserer Stadt und unserer Region und das ihrer Bürgerinnen und Bürger im Blick.
Unsere Gäste kommen
- aus der Kommunal- und Landespolitik,
- aus Stadt- und Gemeindeverwaltungen,
- aus Immobilienfirmen, Notariaten, Steuerberater- und Anwaltskanzleien,
- aus den Wirtschaftsverbänden, mit denen wir uns themenbezogen gegen Verschlechterungen und für Verbesserungen in unserer Stadt und der Region einsetzen,
- aus dem Mieterverein Bonn, mit dem wir in vielen Fragen, die Eigentümer und Mieter gemeinsam berühren, zusammenarbeiten, mit dem wir uns aber naturgemäß auch schon mal streiten, ohne aber den Respekt voreinander zu verlieren,
- aus der großen Haus- und Grundfamilie von nah und fern,
- aus unserem Bonner Verein, Ehrenmitglieder, Vorstand, Beirat, Geschäftsführung, Vertrauensanwälte, Fachberater, ohne die wir unsere Tätigkeit nicht so erfolgreich ausüben könnten.
Bitte fühlen Sie sich alle angesprochen und alle herzlich begrüßt. Ich heiße Sie alle herzlich willkommen. Wir freuen uns, dass Sie bei uns sind.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, um mal ganz oben anzufangen, schützt in Artikel 14 das Eigentum als Grundrecht. Und es regelt den Gebrauch des Eigentums zum Wohle der Allgemeinheit. Und - es gewährleistet die Unverletzlichkeit der Wohnung. Über ein Grundrecht auf Wohnen wird diskutiert.
Ich erinnere heute daran, am 23. Mai 2023. Warum heute? Vor genau 74 Jahren, am 23. Mai 1949, wurde das Grundgesetz im Plenum des Parlamentarischen Rates, der im Lichthof des Museums Koenig tagte, ausgefertigt und verkündet, unter anderem auch vom Opa meines Kollegen Konrad Adenauer II, Vorsitzender des Kölner Vereins, ich weiß nicht, ob er schon da ist, Bundeskanzler Konrad Adenauer als Präsident des Rates.
Nächstes Jahr feiern wir den 75. Geburtstag dieses Grundgesetzes, des Bonner Grundgesetzes, unserer deutschen Verfassung. Und ich hoffe, dass auch in Berlin nicht vergessen wird, wo unsere Verfassung das Licht der Welt erblickte, nicht in Frankfurt, nicht in Weimar, das waren wichtige Vorläufer, sondern hier in Bonn. Und ich hoffe, ja, ich erwarte, Bund, Land und Stadt vergessen nicht, dieses Fest an den Originalschauplätzen in unserer Stadt zu feiern. Als klar war, dass unser Jahresempfang am heutigen Tag, den man in anderen Ländern sicher auch als Verfassungstag feiern würde, stattfindet, schlug unser Beiratsmitglied Jürgen Nimptsch, selbst Mitglied des „Kuratoriums des Internationalen Demokratiepreises Bonn“ vor, die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Frau Prof. Dorothee Dzwonnek möge uns doch über einige wichtige Daten und Veranstaltungen, die für Bonn als der Wiege unserer Demokratie wichtig sind, informieren. Eine tolle Idee, Dir, lieber Jürgen, herzlichen Dank und Du, liebe Dorothee, hast das Wort.
[Beitrag Dorothee Dzwonnek]
Liebe Dorothee, vielen Dank und damit zurück in die Gegenwart.
Niemand wird sich darüber wundern, dass sich Haus & Grund Eigentümergemeinschaften vor allem für Häuser, für Gebäude, für Wohnen und Vermieten interessieren und einsetzen, das ist unser Auftrag. Darunter gibt es Gebäude – ich meine diesmal nicht das Alte Rathaus oder die Schlösser der Universität – die einmal der besonderen Erwähnung bedürfen, sondern solche, die zwar nicht wohnlich genutzt werden, aber Tausenden zu einer sportlichen Heimat wurden. Die Rede ist vom Telekom Dome. Vor einer Woche habe ich dem Präsidenten der Telekom Baskets, Wolfgang Wiedlich, zum Gewinn der Champions League gratuliert. Es ist der erste große internationale Titel, den die Baskets errungen haben. Und vielleicht gelingt auch das Double, der Gewinn der Deutschen Meisterschaft.
Vor etwa 20 Jahren entbrannte der Kampf um den Telekom Dome. Die Hardtberghalle war zu klein geworden, ein Hallenstadion musste her, denn ohne eine angemessene Infrastruktur waren die ehrgeizigen sportlichen Pläne für das Magenta-Team schwerlich zu verwirklichen. Die Geschichte des Domes ist ein Beispiel, was mit Ideenreichtum, Hartnäckigkeit und Durchsetzungskraft erreichbar ist. Streitig war das Thema damals innerhalb der Bonner Kommunalpolitik und innerhalb des Bonner Sports, wo auch andere Vereine auf neue Infrastruktur und deren Finanzierung warteten, da bin ich im Ehrenamt tatsächlich auch selber leidgeprüft. Tausende Fans bildeten Bonns vielleicht größte Bürgerinitiative. Auch wenn nicht alle restlos überzeugt waren, so gab die Stadt schließlich nicht nur grünes Licht, sondern nahm auch viel Geld in die Hand, damit die Dome-Pläne reifen konnten.
Was den Baskets mit ihrer Halle nach langwierigen Auseinandersetzungen gelang, davon können in unserer Stadt auch so manche privaten Investoren ein Lied singen.
Schöne und finanzierbare Ideen gibt es viele. Der Standort Bonn ist attraktiv. Immobilien bleiben, unabhängig von der aktuellen Situation, gefragt. Allerdings: Die Wege von der Idee zur Umsetzung sind lang, zu lang. Zu viele reden mit. Auch über das Eigentum und das Geld anderer Leute. Mitmischen ist einfach, Forderungen sind preiswert, wenn man die Folgen nicht aus eigener Tasche bezahlen muss.
Planungsrecht zu modernisieren oder neues zu schaffen erfordert in Deutschland Geduld. Es ist ein ewig langer Prozess, der durch einen Dschungel von Rechtsvorschriften und Gerichtsurteilen führt. Die Beteiligung der Bürgerschaft an diesen Prozessen muss sein. Aber diese Beteiligung sollte darin bestehen, Pläne im Sinne des Gemeinwohls zu diskutieren, der Unterschied zwischen Gemein- und Eigeninteresse ist oft diffus. Ich sehe mit Sorge, wie der Egoismus so mancher Anliegerinnen und Anlieger wächst. Weniger wäre mehr und würde damit zum Beschleuniger.
In unserer Veranstaltungsreihe Haus & Grund @Home haben wir über das Thema Langsamkeit und Verzögerungen mit Fachleuten diskutiert. 80 Bebauungspläne sind in der Pipeline der Stadt. Der Rat hat Beschlüsse für Baurecht gefasst, mit dem man bis zu 3500 Wohnungen errichten könnte. Wohlgemerkt könnte. Es dauert zu lange.
Jeder Plan braucht Rechtskraft und bis dahin ist ein weiter Weg zurückzulegen. Natürlich müssen die Pläne rechtssicher sein und gerichtlicher Nachprüfung standhalten. Aber muss man sich jedes Mal erst durch eine Gutachteritis durchkämpfen, in denen Fachleute unterschiedlicher Richtungen ihren Senf zu jeder noch so bescheidenen B-Planänderung dazugeben müssen. Brauchen wir so viele Vorschriften oder ist es nicht dringend geboten, den Paragraphendschungel durchzuforsten, die Verfahren zu beschleunigen?
In vielen Wahlkampfreden wird Entbürokratisierung versprochen. Nach der Wahl ist das meist vergessen. Es wird munter weiter bürokratisiert, durch neue Gesetze, neue Verordnungen, neue Ministerialerlasse, neue Dienstanweisungen. Vor lauter lesen, was die Vorschriftenindustrie permanent ausspuckt, kommt man in den Verwaltungsbüros nicht mehr zum Arbeiten.´
Woran wir das auch merken, ist die nach wie vor unerträglich lange Wartezeit auf Baugenehmigungen. Uns ist bewusst, dass dies keine Folge der Bequemlichkeit, sondern anhaltender Überlastung und Überregulierung ist. Und – ich schaue mal ins Alte Rathaus – verehrte Frau Oberbürgermeisterin, von den 400 neuen Stellen, die der Rat beschlossen hat, obwohl die Gelder knapp sind, sollte auch das Bauordnungsamt profitieren. Bauen ist unverzichtbar, wenn die Stadt weiter wachsen und leben soll.
Zum permanenten Planungstheater in Bonn und anderswo gehören auch die Bürgerbeteiligungen. Mein Kollege Nikolaus Decker, der Vorsitzende von Haus & Grund Bad Godesberg sagte in der Veranstaltung, die ich gerade beschreibe, wörtlich: "Bei Bürgerversammlungen auf der Bühne zu stehen ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Investoren stehen häufig im Generalverdacht, sich auf Kosten der Allgemeinheit zu bereichern."
Was für ein schäbiger Vorwurf! Wer aus seinem Privatvermögen investiert, darf damit auch Geld verdienen. Das ist legal und natürlich auch vom Eigentumsschutz des Grundgesetzes umfasst. Ich würde mich freuen, wenn noch mehr Bonnerinnen und Bonner verstehen würden, dass es positiv ist, zu bauen und dass es gut ist, damit Wohnraum oder Arbeitsplätze zu schaffen. Und auch für Bürgerversammlungen gilt, dass niemand verpflichtet ist, dort seine gute Kinderstube zu vergessen.
Meine Damen und Herren, die Hälfte der Arbeitsperiode unserer Stadt- und Gemeinderäte ist vorüber und damit auch die Hälfte der Amtszeiten unserer Stadtoberhäupter. In den einzelnen Kommunen dürften die Zwischenbilanzen unterschiedlich ausfallen. In Bonn gibt es seit 2020 ein spürbares Umsteuern unter dem Gesamtthema Klimaplan und Mobilitätsveränderung. Haus & Grund steht für Klimaschutz. Es sind vor allem die Eigentümerinnen und Eigentümer ihrer selbstbewohnten und vermieteten Häuser, die in klimagerechtes Wohnen investieren. Aber wir kämpfen dafür, dass die politische Mehrheit und die Oberbürgermeister alles tut, um die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen.
Mitnehmen heißt, ihnen zu erklären, warum dieses geschieht, und jenes unterbleibt. Überzeugungsarbeit ist zu leisten. Pläne dürfen nicht aus dem Hut gezaubert werden.
Gut Ding will Weile haben, hieß es schon im 17. Jahrhundert. Ich verstehe den Spruch von Grimmelshausen so, dass die Zeit da sein muss, über neue Entwicklungen zu sprechen, sie zu verbessern aber nicht auf die lange Bank zu schieben.
Haus & Grund will eine friedliche Mobilitätsreform. Ein Miteinander der Interessengruppen, kein Gegeneinander. Das Zeitalter der Alleinherrschaft des Automobils ist zu Ende. Wir brauchen bessere Infrastruktur für Fußgänger, Bus- und Bahnfahrgäste, Radler. Einverstanden. as aber muss im Gleichklang geschehen. Dazu muss auch niemand andere vor den Kopf stoßen. Haus & Grund sagt klar Nein zu einer Politik der Autoverdrängung und zu einer Rhetorik, die die autofahrende Bevölkerung zum neuen Feindbild macht oder die einen völlig unberechtigten Götzendienst gegenüber der Fahrradgesellschaft betreibt. Wo, um Jürgen Nimptsch zu zitieren "Zestammestonn" gefragt ist, wird Aggression, ja Spaltung unserer Stadtgesellschaft gesät. Das ist zugegeben, starker Tobak, aber bitter tagtäglich erlebbare Wahrheit am Bertha-von-Suttner-Platz, Kaiserplatz und vielen anderen Gegenden unserer Stadt. So einfach mal 700 Parkplätze vor allem in parkplatzarmen, dicht besiedelten Wohngebieten zu streichen, ist der falsche Weg. Nochmals: Er fördert Konflikte dort, wo wir Konsens brauchen. So stößt man Menschen ab.
Frisches Beispiel. Wer die bisher vierspurige Adenauerallee für Autofahrer halbieren und die Fläche für Radfahrer verdoppeln will, muss erklären, warum den Radlern die jeweils keine 100 Meter, ich wiederhole, keine 100 Meter entfernten Wege am wunderschönen Rheinufer mit breiten Fahrradstraßen und die Fahrradwege auf der Kaiserstraße nicht ausreichen, um als Nord-Süd-Verbindung für Zweiräder gut zu funktionieren. Probleme zu lösen, indem man neue schafft, ist kein Ausdruck von "Regierungskunst".
An vielen Stellen, vor allem in der City, wird am Verkehr herumgebastelt, manches wird zu viel, zu schnell gewollt. Wenn völlig Neues entsteht, kann es nach unserer mehr oder weniger ausgeprägten Lebenserfahrung nicht schaden, auszuprobieren, zu testen. Am Wanderslebring sind die Umweltspuren eingerichtet worden mit der festen Absicht, nach Ablauf einer überschaubaren Frist zu prüfen, was sie gebracht haben. Falls nichts oder wenig, wir werden sehen, ob die Politik selbstbewusst genug ist, eigene Fehler zu korrigieren.
In diesem Kreis brauche ich auf die Bedeutung der privaten Vermieter nicht lange einzugehen. Wir sind die Gruppe derer, die in Deutschland den meisten Wohnraum schaffen, die in guter Kooperation mit Mieterinnen und Mietern leben, die bei Mieterhöhungen eher zurückhaltend statt radikal sind, wie wir aus Umfragen wissen. Ich finde, mit dieser Gruppe der Wohnraumbeschaffer sollte man in gewissen politischen Kreisen anders umgehen. Auch gerne netter. Man darf vor allem nicht das Maß verlieren. Wer Mieterinnen und Mieter als Hauptzielgruppe für ihr politisches Handeln ausgewählt hat, darf doch die nicht außer Acht lassen, die den Wohnraum schaffen und finanzieren.
Bei allem Eifer, den Klimawandel durch eine Fülle auch teurer Maßnahmen zu stoppen oder zu verlangsamen, müssen politisch Verantwortliche begreifen oder auch erst lernen, dass die Menschen für die Maßnahmen gewonnen werden müssen. Nur gute Information und professionelle Beratung verhindern oder lindern Ängste. Habecks mit Silvesterraketen abgeschossene Heizungsideen mögen im Kern sinnvoll sein, die Art ihrer Präsentation bringt die Menschen dagegen auf. Viele fühlen sich bis zur persönlichen Verzweiflung mit ihren Ängsten alleine gelassen.
Zu einer erfolgreichen Politik gehören nicht nur Ideen, sondern auch klare Wege für ihre Durchführung. Da gibt es erheblichen Nachholbedarf, in Berlin, in vielen Landeshauptstädten und auch in manchen Rathäusern. Nachdem Habeck seinen Staatssekretär entlassen hat, kommt er hoffentlich wieder dazu, sich seinen eigentlichen Aufgaben zu widmen.
Meine Damen und Herren, es gäbe noch zahlreiche Themen, die ich gerne unseren Gesprächen miteinander überlassen möchte. Dazu darf auch gehören, wann denn die Seilbahn kommt, wie teuer sie wird, wer in der ersten Kabinenfahrt über den Rhein Platz nehmen darf, ob nicht die Strecke von Ramersdorf zum Klinikum eigentlich viel zu kurz ist oder ob wir sie nicht am Dornheckensee beginnen und bis zum Industriepark Kottenforst in Meckenheim führen sollten.
Und da darf, ja muss auch gehören, wie und wann die unter sozialen, aber auch wirtschaftlichen Gesichtspunkten unerträgliche Situation zwischen der "Bristol-Unterführung, Kaiserplatz und Busbahnhof" endlich, endlich entschärft und für alle Beteiligten akzeptabel aufgelöst wird. Mir ist wirklich völlig unerklärlich, wieso da von Seiten der Politik nicht endlich pragmatisch Abhilfe geschaffen wird.
Schließen möchte ich mit der Erwähnung eines städtebaulichen Highlights, das ich als fünffacher, bald sechsfacher sogenannter Vize-Opa löblich hervorheben möchte, die Schaffung des Reuterparks an der Ecke Reuter-/ Hausdorffstraße, wo der BTHV und der Schwarz-Weiss Bonn bis 1969 mehr oder weniger einträchtig, selten mit- so aber doch nebeneinander Tennis gespielt haben. Der BTHV baute dann bekanntlich im Wasserland und wir zogen nach Ippendorf, was den General-Anzeiger zu der Meldung veranlasste: Die Amerikaner landen auf dem Mond, die Schwarz-Weissen auf dem Venusberg. Kurzum, jetzt ist da bereits entstanden und wächst noch weiter ein großartiger und -zügiger, inklusiver Kinderspielplatz, der seinen Namen wirklich verdient und sich unter den Bönnsche Pänz allergrößter Beliebtheit erfreut. Das hebt auch Wohnwert und Lebensfreude in unserem schönen Bonn, woran wir alle jeden Tag und jeder nach seinen Möglichkeiten arbeiten.
Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld!
(Es gilt das gesprochene Wort!)