Direkt zum Inhalt
Bild
Einigung per Handschlag
Recht & Steuern

Welche Rechte hat der Vermieter, wenn der Mieter bei Vertragsabschluss die Unwahrheit sagt?

Nicht jede Falschaussage des Mieters ist rechtlich relevant. Das Fragerecht des Vermieters ist grundsätzlich auf solche Angaben beschränkt, die für den beabsichtigten Mietvertrag objektiv relevant sind. Nur wenn der Vermieter objektiv und unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Mieters die Auskunft benötigt, um sich für oder gegen den Abschluss des Mietvertrags zu entscheiden, ist eine Lüge problematisch. Das ist etwa der Fall, wenn im Fortgang des Auswahlverfahrens nach der Anzahl der Personen gefragt wird, die in die Mietsache einziehen sollen. Vermieter dürfen auch nach dem Arbeitsplatz des Mietkandidaten fragen. Die Frage nach dem verfügbaren Nettoeinkommen ist, wenn der Mietvertrag mit dem Kandidaten abgeschlossen werden soll, ebenfalls legitim. Fragen nach intimen oder höchstpersönlichen Verhältnissen, etwa einer Parteiangehörigkeit oder der Religionszugehörigkeit, sind hingegen stets unzulässig.

Beantwortet ein Mieter eine zulässige Frage des Vermieters absichtlich falsch, kann der Vermieter den Mietvertrag zunächst anfechten. Im Wohnraummietrecht ist bisher allerdings umstritten, ob dies nur geht, solange die Wohnung noch nicht übergeben wurde. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus dem Jahre 2008 (BGH, Urteil vom 6. 8. 2008, Aktenzeichen XII ZR 67/06) bereits entschieden, dass jedenfalls im Gewerberaummietrecht eine Anfechtung und damit eine rückwirkende Aufhebung des Mietvertrags auch nach Überlassung der Wohnung an den Mieter zulässig ist. Die Entscheidung ließ damals durchblicken, dass der Bundesgerichtshof auch in dem Fall, in dem ihm ein Sachverhalt aus dem Wohnraummietrecht vorgelegt würde, wohl nicht anders entscheiden würde.

Nach Überlassung der Mietsache ist sowohl im Gewerbe- wie im Wohnraummietrecht aber unstrittig immer die fristlose Kündigung denkbar.

Leider ist die Rechtsprechung uneinheitlich, ob sich das Risiko einer Falschauskunft dann auch tatsächlich realisiert haben muss. Das Landgericht München I entschied in einem Wohnraumfall, dass es ausreiche, wenn der Mieter falsche Aussagen zu seiner Bonität getroffen habe (Urteil vom 25.03.2009, Aktenzeichen 14 S 18532/08). Das Landgericht Wuppertal hingegen war, auch in einem Wohnraumfall, der Meinung, dass eine fristlose Kündigung nur dann zulässig sei, wenn der Mieter daraufhin tatsächlich in Zahlungsschwierigkeiten gerate (Urteil vom 17.11.1998, Aktenzeichen 16 S 149/98). Im Falle, dass der Mieter keine Zahlungsauffälligkeiten zeige, sei dem Vermieter, so das Landgericht Wuppertal, trotz der Falschaussage ein Festhalten am Mietverhältnis zumutbar.

Verena Till, Rechtsanwältin bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.

 

 

Verwandte Blogartikel

Datenschutz-Visualisierung
Recht & Steuern

Üblicherweise sind im Rahmen von Steuererklärungen Belege nur auf Aufforderung des Finanzamtes einzureichen. Dabei kann es allerdings zum Beispiel...

Wohnsiedlung aus der Vogelperspektive
Recht & Steuern
Politik & Wirtschaft

Ab 1. Januar 2025 wird die Grundsteuer nach den reformierten Regeln gezahlt. Die ersten Zahlbescheide sind verschickt, weitere werden im Laufe des...

Eigentümer
Recht & Steuern
Wohnungseigentumsrecht

In Eigentümergemeinschaften mit einem Verwaltungsbeirat stellt sich häufig die Frage, welche Pflichten und Befugnisse dem Verwaltungsbeirat zukommen.

Neubau-Häuser mit Mietwohnungen
Recht & Steuern
Mietrecht

Grundsätzlich sind Mietverträge über Wohnraum zeitlich unbefristet. Sie enden nicht zu ei-nem festgelegten Zeitpunkt, sondern erst dann, wenn...

Bundesfinanzhof
Recht & Steuern
Erbrecht

Für vermieteten Wohnraum und für das selbst genutzte Familienheim gibt es eine besondere Erbschaftsteuer-Befreiung. Wie ist das aber, wenn der...

Neubau-Mehrfamilienhaus
Recht & Steuern
Wohnungseigentumsrecht

In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften schlummern erhebliche Summen in Erhaltungsrücklagen – oft auf Konten, die kaum Zinsen abwerfen. Dabei...

Weg wird mit Schneeschippe geräumt
Recht & Steuern
Bauen & Wohnen
Wohnungseigentumsrecht

Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt die Verkehrssicherungspflicht am Grundstück. Sie muss dafür sorgen, dass niemand auf dem Grundstück...

Rechnungsempfang am Laptop
Recht & Steuern
Politik & Wirtschaft

Alle Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes – und damit auch private Wohnraumvermieter – müssen ab 2025 sogenannte E-Rechnungen...

Rauchende Schornsteine über Wohngebiet
Recht & Steuern
Mietrecht

In Deutschland sind Vermieter verpflichtet, sicherzustellen, dass Mietwohnungen während der Heizperiode, die in der Regel vom 1. Oktober bis zum 30...

Feuchtes Mauerwerk
Recht & Steuern

Muss der Verkäufer einer Wohnung den Käufer über das gesamte Ausmaß von Feuchtigkeitsschäden aufklären? Darüber entschied der Bundesgerichtshof (BGH)...

Kinderwagen in Treppenhaus
Recht & Steuern
Mietrecht

Es kommt regelmäßig vor, dass Mieter im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses die verschiedensten Gegenstände wie Schuhe, Kinderwägen oder Regale...

Moderne Wohngebäude
Recht & Steuern
Mietrecht

Gem. § 556 d Abs. 1 BGB darf bei Abschluss eines neuen Mietvertrages über Wohnraum in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete zu Beginn...

Jurist am Laptop
Recht & Steuern
Politik & Wirtschaft

Rechtsberatung aus dem Netz ist schnell verfügbar – aber nicht immer gut. Die Stiftung Warentest hat fünf Plattformen für Online-Rechtsberatung und...

Mehrfamilienhäuser
Recht & Steuern
Wohnungseigentumsrecht

Aufgrund der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) von 2020 haben sich bei Wohnungseigentümergemeinschaften (GdWE) einige Zuständigkeiten...

Schneeschippe in Aktion
Recht & Steuern

Der Winter naht und damit die Frage: Wer muss bei Schneefall den Gehweg räumen und Glätte durch Streuen vorbeugen?

 

Jetzt Haus & Grund-Mitglied werden

Sie suchen Rat zu Fragen rund um Ihre Immobilie? Wir sind für Sie da – ganz in Ihrer Nähe. Wir setzen uns engagiert, kompetent und individuell für das private Eigentum unserer Mitglieder ein.