Baulandmobilisierungsgesetz
Berlin, Februar 2021
Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz)
und zum Antrag der Fraktion der FDP
Mehr, schneller und günstiger bauen für bezahlbare Mieten und Eigenheime
Bauland ist für den Wohnungsbau zentrale Voraussetzung. Haus & Grund Deutschland begrüßt daher sowohl jede planvolle Mobilisierung von Bauland als auch jede nachvollziehbare Boden- und Wohnungspolitik durch unsere Städte und Gemeinden. Dafür brauchen die Kommunen ein Instrumentarium des Städtebaurechts, das ihnen erlaubt, Bauland zu aktivieren und Wohnungsbau zu erleichtern. Darüber hinaus braucht es politischen Willen und ausreichende Kapazitäten in den Verwaltungen, um die städtebaulichen Strategien und Instrumente um- und einzusetzen.
Der vorliegende Gesetzentwurf eines Baulandmobilisierungsgesetzes zur Novelle des Baugesetzbuches verfolgt in weiten Teilen jedoch nicht das Ziel der Baulandmobilisierung, sondern der Baulandumverteilung in kommunale Hände – ohne dass erkennbar wird, wie dadurch Bauland mobilisiert werden soll. Die politischen Versäumnisse bei der Mobilisierung von Bauland und das teilweise Fehlen einer vorausschauenden kommunalen Boden- und Wohnungspolitik kann nicht geheilt werden, indem man nun in die Rechte und Handlungsoptionen von Eigentümern eingreift. Die Bevorratung von bestehendem Bauland in angespannten Märkten ist sozial nicht verantwortlich, da Bauland nur verknappt wird. Vielmehr müssen die Kommunen die Nachverdichtung im Innenbereich befördern und vor dem Hintergrund örtlicher Bedarfe auch neues Bauland ausweisen.
Die vielen positiven Ansätze des Gesetzentwurfs zur Erleichterung des Wohnungsbaus wiegen die erneute Regulierungs- und Eingriffswelle in das Eigentum nicht auf.
Im Gegenteil: Die Regelungen des Gesetzentwurfs sind in weiten Teilen nicht im Interesse einer zügigen Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum, sondern verzögern vielmehr den Wohnungsbau. Bauland wegen Eigentumsfragen zunächst der Bebauung zu entziehen oder durch neue Auflagen die Bebauung zu erschweren, verfehlt das Ziel. Neue und erweiterte Instrumente des Städtebaurechts stehen zudem im Widerspruch zu der derzeitigen personellen Unterbesetzung vieler Bau- und Planungsämter bundesweit. Im Vordergrund sollte eine zielgerichtete und transparente Anwendung des bestehenden städtebaulichen Instrumentariums stehen. Schon die Anwendung der vorgesehenen Erleichterungen beim Wohnungsbau braucht funktionierende Prozesse und ausreichende Ressourcen in der Verwaltung. Es braucht nicht mehr Bürokratie und Eingriffsrechte, es braucht ein Mehr an guter Verwaltung.
Erweiterung des Vorkaufsrechts – Neuregelung befördert zweckwidrige Anwendung und mobilisiert kein Bauland
Vorkaufsrecht wird falsch verwendet
Das kommunale Vorkaufsrecht ist vor allem ein Mittel zur Sicherung der Bauleitplanung einer Stadt oder Gemeinde. Vorkaufsrechte dürfen nicht dazu missbraucht werden, eine kommunale Bodenvorratspolitik zu etablieren oder gar einen kommunalen Wohnungsbestand zu begründen oder zu erweitern. Diese zweckwidrige Ausübung von Vorkaufsrechten birgt die Gefahr, dass dringend benötigtes Bauland dem Wohnungsbau entzogen und in der Folge Spekulation und Preissteigerungen Vorschub geleistet wird. Durch die Ausübung von Vorkaufsrechten wird die Ursache steigender Baulandpreise nicht beseitigt. Noch immer herrscht in angespannten Wohnungsmärkten ein grundsätzlicher Mangel an verfügbarem Bauland und Baurechten. Der favorisierte Zugang zu Bauland und Wohnraum hat keinen lindernden Effekt auf das Marktgeschehen – es besteht sogar die Gefahr, dass diese bodenpolitischen Aktivitäten höhere Kaufpreise provozieren.
Darüber hinaus erzeugt die intensive Ausübung von Vorkaufsrechten – unter dem Deckmantel des Mieterschutzes – gleich doppelt eine Zweiklassengesellschaft in den betroffenen Kommunen. Wenn Neueigentümer den Vorkauf durch Abwendungsvereinbarung verhindert haben, werden diese an strikte Vorgaben und Verbote in puncto Modernisierung gebunden. Während Alteigentümer in unmittelbarer Nachbarschaft ihre Immobilie auf einen zeitgemäßen Standard bringen dürfen, bleiben Neueigentümern altersgerechte und energetische Maßnahmen verwehrt. Darüber hinaus werden die Kommunen kaum in der Lage sein, bei allen Häusern das Vorkaufsrecht auszuüben. So kommen nur gut vernetzte Hausbewohner in den vermeintlichen Genuss von Mieterschutz durch Vorkauf.
Zumindest diese missbräuchliche Anwendung des Vorkaufsrechts muss in einer Neuregelung ausgeschlossen werden. Grundsätzlich besteht kein Regelungsbedarf.
Umgang mit Problemimmobilien und geringfügig bebauten Grundstücken
Ein grundlegender Bestandteil kommunaler Strategien im Umgang mit Schrott- oder Problemimmobilien ist es, einen Eigentümerwechsel zu erreichen. Damit verbunden ist die berechtigte Erwartung, dass ein Erwerber zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung übergeht. Kommunen machen bei Problemimmobilien gute Erfahrungen damit, Eigentümerwechsel im Sinne eines Transaktionsmanagements gezielt anzustoßen. Dafür bedarf es aktivierender und beratender Instrumente. Daher ist ein Eintritt in den Kaufvertrag durch die Kommune bei Verkäufen von Problemimmobilien nicht notwendig. Die gleiche Annahme gilt auch für Erwerber von geringfügig bebauten Grundstücken. Es besteht überdies die Gefahr, dass durch Abwendungsvereinbarungen zusätzliche Anforderungen an den Erwerber gestellt werden, die einer nachhaltigen und wirtschaftlichen Entwicklung der ohnehin schon problembelasteten Immobilie entgegenstehen. Das Vorkaufsrecht für Problemimmobilien hat das Potenzial, kooperative Formen im Umgang mit Problemimmobilen zu verdrängen und durch ein Instrument des Misstrauens zu ersetzen. Ein neuer Eigentümer sollte nicht per se als neuer Spekulant begriffen werden, sondern als wahrscheinlichste Option für eine Entwicklung der Immobilie oder eines geringfügig bebauten Grundstücks.
In einigen Fällen haben Eigentümerwechsel allerdings auch prekäre und spekulative Bewirtschaftungsstrategien zur Folge, die durch Überbelegung und hygienische Zustände erst einen Missstand begründen oder ihn verschärfen. Der Erwerb solcher Immobilien findet oft über Zwangsversteigerungen statt, da es Teil der unlauteren Praktiken ist, nur die Anzahlung und nicht den vollen Kaufpreis zu zahlen. Um solchen unlauteren Strategien zu begegnen, braucht es verbesserte Regelungen bei der Zwangsversteigerung, aber kein Vorkaufsrecht.
Vor diesem Hintergrund sollte auf eine Erweiterung des Vorkaufsrechts für den Fall, dass auf einem zu veräußernden Grundstück ein städtebaulicher oder anlagenbezogener Missstand besteht, verzichtet werden.
Verlängerung der Ausübungsfrist nicht erforderlich
Es ist nicht ersichtlich, wie eine Verlängerung der Ausübungsfrist zu einer zügigen Baulandmobilisierung beitragen kann. Vielmehr verlängert diese die Rechtsunsicherheit zulasten betroffener privater Grundstückseigentümer. Auch vor dem Hintergrund einer nachhaltigeren Bodenpolitik sollte eine Kommune so vorbereitet sein, dass sie ihr Vorkaufsrecht gegebenenfalls innerhalb von zwei Monaten ausüben kann. Dies setzt voraus, dass unsere Kommunen klare Ziele und eine transparente Baulandstrategie entwickeln, um Planungssicherheit für alle Akteure sicherzustellen.
Haus & Grund Deutschland lehnt eine Erweiterung der Vorkaufsrechte ab, da die Ausübung von Vorkaufsrechten nicht der zügigen Mobilisierung von Bauland dient.
Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen – Verbot ist mittelschicht- und eigentumsfeindlich, ohne Mieter zu schützen
Mit den Änderungsvorschlägen für ein Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen (§ 250 BauGB-E) wird ein Genehmigungsvorbehalt für die Teilung von Wohneigentum geschaffen. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in der praktischen Anwendung faktisch zu verbieten, ist die Fortführung einer staatlichen Interventionsspirale, die durch Markteingriffe – wie Mietpreisbremse und Mietendeckel – in Gang gesetzt wurde. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist eine Alternative zur langfristigen Vermietung von Wohnraum. Diese Alternative ist eine Reaktion auf Preiseingriffe, gestiegene Anforderungen und höhere Kosten in der gewöhnlichen Vermietung, sobald das Vermieten zu bürokratisch und nicht mehr auskömmlich ist.
Das Umwandlungsverbot betrifft die Eigentumsfreiheit in ihrem Kern. Treffen zunehmende Mietpreisregulie-rungen auf die Anforderungen an eine klimaschützende und generationengerechte Modernisierung, können gerade private Kleinvermieter vielfach die Kosten der Bewirtschaftung nicht mehr durch die Mieteinnahmen decken. Wenn das Vermieten von Wohnungen nicht mehr wirtschaftlich ist, darf dem Eigentümer die Alternative des Einzelverkaufs von Wohnungen nicht genommen werden.
Privatpersonen werden vom Mietwohnungsmarkt verdrängt
Darüber hinaus birgt ein Umwandlungsverbot die soziale Gefahr, dass nur noch ein Verkauf des Gesamtobjekts an professionelle Investoren stattfinden kann, die die Immobilie in aller Regel renditemaximierend bewirtschaften und die Renditeerwartung an die Mieter weitergeben. So wird die Konzentration auf dem Mietwohnungsmarkt befördert und private Einzeleigentümer werden zugunsten internationaler Anleger und großer Unternehmen ohne örtliche Bindung aus dem Markt gedrängt. Hinzu kommt, dass gerade Menschen mit mittleren Einkommen die Bildung von Wohnungseigentum erschwert wird – und das ausgerechnet in angespannten Wohnungsmärkten. Denn günstige Bestandswohnungen für die Mittelschicht kommen so nicht mehr neu auf den Markt. Die Verknappung dieser Bestandswohnungen hat einen Preisanstieg in diesem Segment zur Folge. Die Eigentumsbildung wird dort zum Privileg für besserverdienende Bevölkerungsgruppen, die sich eine teure Bestands- oder Neubauwohnung leisten können. Durch ein Umwandlungsverbot werden Privatpersonen aus dem Wohnungsmarkt gedrängt. Nutznießer eines Umwandlungsverbots werden vor allem professionelle und institutionelle Anleger sein, deren Bewirtschaftungsverhalten jedoch immer wieder in der Kritik von Mietern steht.
Grundrechtseinschränkung ohne Notwendigkeit
Es besteht kein Regelungsbedarf, um auf angespannten Wohnungsmärkten die Mieter vor einer Verdrängung zu schützen, indem Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen eingeschränkt werden. Der Regelungsvorschlag und seine Debatte sind von der Annahme bestimmt, dass in jüngster Zeit vermehrt Umwandlungen stattfanden und diese dann auch zu Verdrängung der Mieter und zum Verlust von Mietwohnungen führten. Diese Annahme ist bislang nicht untermauert. Zwar behauptet die Bundesregierung in der Begründung zum Gesetzentwurf, das Phänomen von Umwandlung sei „häufig“ zu beobachten und insinuiert einen darauffolgenden Automatismus von Modernisierung und Verdrängung, aber in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion (Drucksache 19/26021) gibt die Bundesregierung selber an, dass ihr keine studien- oder statistikbasierten Erkenntnisse zu diesen Fragen vorliegen.
Darüber hinaus heißt die Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung nicht, dass Mieter zwangsläufig verdrängt oder Mietwohnungen dem Markt entzogen werden. Die häufigsten Motive für den Erwerb von Mietwohnungen im Wohnungseigentum waren und sind die miteinander verwandten Überlegungen zur Alterssicherung und Sicherheit der Anlageform. Die Selbstnutzung und der Erwerb für Verwandte spielen hingegen eine völlig untergeordnete Rolle. (siehe Privateigentümer von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern, BBSR-Online-Publikation, Nr. 02/2015, online abrufbar unter: https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/bbsr-online/2015/DL_ON022015.pdf?__blob=publicationFile&v=1) Ein Regelungsbedarf ist deshalb nicht ersichtlich.
Haus & Grund Deutschland erkennt die Probleme hinter den Geschäftsmodellen aus übermäßiger Modernisierung und Aufteilung zu Veräußerungszwecken von Investoren und gewerblichen Immobilieneigentümern. Diese Geschäftsmodelle sind vor allem durch die dynamische Preisentwicklung in nachgefragten Wohnungsmärkten getrieben. Ihnen muss durch eine Angebotsausweitung die Attraktivität genommen werden, nicht durch die Einschränkung der Handlungsoptionen aller Eigentümer.
Das Umwandlungsverbot ist ein schwerwiegender Eingriff in die Eigentumsfreiheit. Es versperrt vielen Menschen den Zugang zum Wohneigentum und verdrängt Privatpersonen aus dem Mietwohnungsmarkt. Das alles geschieht, ohne dass Mieter von einer derartigen Regelung besonders profitieren würden. Vor diesem Hintergrund lehnt Haus & Grund Deutschland ein Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen ab und empfiehlt eine Streichung der vorgeschlagenen Regelung.
Möglichkeiten einer differenzierten Regelung nicht ausgeschöpft
Überdies vermisst die vorgeschlagene Regelung wesentliche Differenzierungen. Um Mieter vor unerwünschten Praktiken im Zusammenhang von Umwandlungen zu schützen, müssten längst nicht alle Eigentümer in ihren Eigentumsrechten eingeschränkt werden. Insbesondere sollte den Interessen von kleinen Eigentümern Rechnung getragen werden.
Daher sollte eine Einschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen die Vielzahl von kleinen Mietshäusern von dem Genehmigungsvorbehalt ausgenommen werden. Denn Ziel des Genehmigungsvorbehalts ist es, Investoren oder gewerblichen Immobilieneigentümern zu begegnen, die Grundstücke mit mehreren Wohneinheiten in Wohnungseigentum umwandeln und die Wohnungen – mitunter nach aufwertender Modernisierung – an Einzelerwerber veräußern wollen. Diese Problematik stellt sich vor allem in Großstädten sowie für größere Miethäuser.
Darüber hinaus sollten Eigentümer, die das Immobilieneigentum über eine gewisse Dauer innehaben und dadurch bereits bewiesen haben, dass sie eine langfristige Bewirtschaftungsstrategie verfolgen, nach Ablauf einer Haltefrist ökonomische Handlungsfähigkeit erhalten. Diese ökonomische Handlungsfähigkeit ist geboten, da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (wie Zinsbindungen, Marktentwicklungen, Investitionserfordernisse) bis dahin erheblich verändert haben können und beispielsweise eine Liquiditätsbeschaffung durch die Begründung von Teileigentum notwendig machen.
Auch der selbst im Haus wohnende Eigentümer ist typischerweise nicht an einer spekulativen Veräußerung aufgeteilten Wohnraums interessiert, sondern an einem Erhalt der bestehenden Mieterstruktur, deren Zusammensetzung ihn bzw. seine Familienangehörigen unmittelbar in ihrem Lebensumfeld betrifft. Daher sollten Eigentümer vom Umwandlungsverbot ausgenommen werden, wenn das Wohngebäude ganz oder teilweise vom Eigentümer oder einer ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Person zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird oder werden soll.
Erweiterung der Baugebote halten nicht, was sie versprechen
Haus & Grund Deutschland begrüßt eine planvolle Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik unserer Städte und Gemeinden, die konkrete ortsbezogene Strategien und Ziele der Innenentwicklung für alle Eigentümer transparent macht. Schon heute steht es den Kommunen frei, dispers im Gemeindegebiet verteilte Flächenpotenziale zu identifizieren und auf die zügige Mobilisierung dieser Innenentwicklungspotenziale hinzuwirken. Dabei müssen aber Information, Beratung und Förderung der privaten Eigentümer im Mittelpunkt stehen, um Entwicklungshemmnisse abzubauen. Die städtebauliche Erforderlichkeit der Bebauung über ein Baugebot sollte weiterhin nur für den Einzelfall und nicht für alle Grundstücke eines Plangebiets feststellbar sein, um den individuellen Umständen von Grundstück und Eigentümer Rechnung zu tragen.
Die Notwendigkeit dieser Regelung in § 176a BauGB-E ist daher nicht zu erkennen, es sei denn, man begreift diese Regelung als Vorbereitung für eine Regelung zum flächenhaften Eingriff in Eigentumsrechte im Sinne der Innenentwicklungsmaßnahme. Der dort angelegte Automatismus von Baugebot und Enteignung stellt einen völlig unbegründeten „Misstrauensvorschuss“ gegenüber den Eigentümern dar. Unter den Vorzeichen dieses Automatismus sind schon die vorbereitenden Maßnahmen und Untersuchungen sowie die Glaubwürdigkeit der kooperativen Phase durch die Eigentümer infrage zu stellen. Unsere Kommunen brauchen stattdessen ausreichend und qualifizierte Mitarbeiter in ihren Bau- und Planungsämtern, um kooperative und kleinteilige Strategien zur Mobilisierung von Innenentwicklungspotenzialen umzusetzen.
Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Baugebots für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten erscheint nicht notwendig. Bereits mit der derzeitigen Regelung kann der Eigentümer verpflichtet werden, nach Bebauungsplan zu bauen. Mehr Wohnraum kann daher vor allem durch weitsichtigeres, umfassenderes Nachhalten der Planung geschaffen werden.
Kaum verständlich ist der Regelungsvorschlag zur Übernahme von Grundstücken zugunsten kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, gemeinwohlorientierter Wohnungsbauunternehmen, Wohnungsgenossenschaften oder gemeinwohlorientierter Stiftungen. Das ist nicht zielführend und diskriminierend, weil sie private Eigentümer ausschließt. Die Erfüllung wohnungspolitischer Zielsetzungen, wie dem bezahlbaren Wohnen, ist keineswegs an einen bestimmten Akteur gebunden – Privatpersonen bieten genauso bezahlbaren Wohnraum an. Daher sollten alle Akteursgruppen am Wohnungsmarkt die Chance für die Übernahme erhalten. Wenn es die politische Absicht ist, hier ein Verfahren zur Umgehung der Grunderwerbsteuer bei Eigentümerwechseln zu etablieren, sei angemerkt, dass eine direkte Senkung von Grunderwerbsteuern und Erwerbsnebenkosten wirksamer für Wohnungsbau und Eigentumsbildung wäre.
Ein Baugebot verpflichtet bislang lediglich dazu, im Rahmen des planungsrechtlich Zulässigen zu bauen. Mit der anstehenden Neuregelung wird nunmehr nicht nur geregelt, ob gebaut werden muss, sondern auch, dass tatsächlich Wohnraum gebaut werden soll. Das Planungsrecht kennt aber Mischgebiete und urbane Gebiete, in denen auch ein Nutzungsmix zulässig ist – also die Möglichkeit besteht, Wohnraum zu errichten oder ein nicht störendes Gewerbe. Mit der Verpflichtung, Wohnraum anstatt Gewerberaum zu errichten, könnte eine Wertminderung eintreten, die die Kommune zur Entschädigung zwingen könnte. Hier ergeben sich zu den hohen Aufwänden für die Ausübung des Baugebots noch erhebliche finanzielle Risiken für Kommunen.
Vor diesem Hintergrund ist die vorgeschlagene Neuregelung des § 176 BauGB nicht notwendig – auch weil sie weder eine zügige noch quantitativ nennenswerte Mobilisierung von Bauland verspricht.
Einzig die Einführung einer zusätzlichen Abwendungsmöglichkeit für den Eigentümer gegen ein Baugebot erscheint sinnvoll. Vor dem Hintergrund einer intensiveren flächenhaften Anwendung des Baugebots, beispielsweise durch die Stadt Tübingen auch ohne eine Novelle des Baugesetzbuchs, trägt die Regelung dem Eigentums- und Verfügungsrecht des engen Familienkreises Rechnung, indem besondere persönliche Verhältnisse eine Unzumutbarkeit des Baugebots begründen können.
Sektoraler Bebauungsplan
Mit den Änderungsvorschlägen für einen Bebauungsplan zur Festsetzung von Flächen für den sozialen Wohnungsbau soll für die Gemeinden eine Möglichkeit geschaffen werden, für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 BauGB in einem Bebauungsplan festsetzen zu können, dass insbesondere nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen oder bei denen ein Vorhabenträger sich dazu verpflichtet hat, die Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Mietpreisbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Langwierige Planungsverfahren sind einer der Hauptgründe für die langsame Reaktion des Wohnungsmarktes auf die gestiegene Nachfrage. Nun wird mit dem sektoralen Bebauungsplan ein zusätzliches Planungsverfahren geschaffen. Einem ohnehin schon langwierigen Genehmigungsverfahren wird ein Planungsverfahren vorgeschaltet – in einem Gebiet, wo dies bislang nicht notwendig war. Dadurch wird Bauen verzögert und das Wohnungsangebot verknappt. Bauherren wird das bislang schnellste und effektivste Instrument zur Schaffung von neuem Wohnraum genommen. Auch ein sektoraler Bebauungsplan ist nicht davor gefeit, Gegenstand lokaler Interessenskonflikte zu werden, die nicht im Einklang mit gesamtstädtischen Interessen nach bezahlbarem Wohnungsbau stehen.
Der sektorale Bebauungsplan ist ein Instrument der Mangelverwaltung. Die Situation auf angespannten Wohnungsmärkten wird dadurch nicht entschärft. Die Kommunen müssen weiterhin ihrer Verantwortung für die Preisentwicklung nachkommen, indem sie Angebotserweiterung ermöglichen und befördern. Einfachere Planungsinstrumente dürfen Kommunen nicht dazu veranlassen, ihre Planungspflicht im örtlichen und überörtlichen Interesse zu vernachlässigen. Außerdem besteht auch hier das Risiko von Entschädigungsforderungen an die Kommune durch das Einschränken der zulässigen Nutzung und der darauf eintretenden Wertminderung des Grundstückes.
Vor diesem Hintergrund ist es richtig, die Neuregelung zeitlich zu begrenzen. Dieser Zeitraum sollte durch eine intensive Evaluierung begleitet werden, die insbesondere auch die Wahrnehmung weiterer Planungstätigkeit der Kommunen betrachtet. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass ein sektoraler Bebauungsplan nicht Bestandsgebäude und Maßnahmen der Nachverdichtung an diesen erfasst.
Vereinfachte Flächenausweisung im Außenbereich
Mit den Änderungsvorschlägen für die Verlängerung der vereinfachten Flächenausweisung im Außenbereich soll die Mobilisierung von Bauland erleichtert werden. Die vereinfachte Flächenausweisung im Außenbereich kann zu städtebaulichen Fehlentwicklungen führen, wenn vor allem dort gebaut wird, wo kein Wohnraum gebraucht wird. Denn durch das Ausweisen von Bauland in der Peripherie riskieren Städte und Gemeinden eine Verödung der Ortskerne und Zersiedlung ihrer Fläche. Eine Ausnahme kann nur in angespannten Wohnungsmärkten und ihrem Umland gelten, um im örtlichen bzw. überörtlichen Interesse Flächen für den Wohnungsbau zu mobilisieren.
Haus & Grund Deutschland spricht sich daher dafür aus, die Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren nur dort zuzulassen, wo nachweislich kein ausreichender Wohnraum über die bestehenden Möglichkeiten der Innenentwicklung geschaffen werden kann.
Weitere Erleichterungen des Wohnungsbaus
Mit den Änderungsvorschlägen für die Erleichterung für die Befreiung von den Festsetzungen der Bebauungspläne, die Erleichterung für die Bebauung im unbeplanten Innenbereich, die Nutzung alter Bauernhöfe und landwirtschaftlicher Gebäude für das Wohnen, die Ermöglichung von Ausgleichszahlungen statt Ausgleichsflächen, die Flexibilisierung der Maßobergrenzen und die Gebietskategorie „Dörfliches Wohngebiet“ sollen Erleichterungen des Wohnungsbaus erreicht werden. Die vorgeschlagenen Regelungen sind allesamt dazu geeignet, Bauland zu mobilisieren und damit den Wohnungsbau zu erleichtern und zu beschleunigen. Die Erleichterungen bergen aber die Gefahr von Konflikten zwischen dem Bauwunsch des Bauherrn einerseits und dem Schutzinteresse des Nachbarn andererseits. Daher sind die Kommunen bei der Anwendung dieser Erleichterungen in der Verantwortung, den Ausgleich kollidierender Privatinteressen bei der Zulassung einander störender Bauvorhaben besonders zu berücksichtigen.
Vor dem Hintergrund angespannter Wohnungsmärkte sind diese Erleichterungen umzusetzen.
Fazit zum Baulandmobilisierungsgesetz
Der vorliegende Gesetzentwurf soll die Vorgabe des Koalitionsvertrags umsetzen, Kommunen bei der Aktivie-rung von Bauland und der Sicherung bezahlbaren Wohnens zu unterstützen. Gleichzeitig missachten die Rege-lungsvorschläge die Vorgabe des Koalitionsvertrags, keine weiteren Verschärfungen der Eingriffsmöglichkei-ten der Kommunen in Eigentumsrechte durch Gestaltung auf Bundesebene zu verfolgen, indem nun doch weitreichende Eigentumseingriffe vorgesehen sind.
Die positiven Ansätze des Gesetzentwurfs zur weiteren Erleichterung des Wohnungsbaus wiegen die erneute Regulierungs- und Eingriffswelle in das Eigentum jedoch nicht auf.
Der hier entstehende neue Instrumentenmix im Städtebaurecht ermöglicht Kommunen eine Art von Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik, die es erlaubt,
- das Problem der Wohnungsknappheit weiterhin zu kultivieren anstatt zu lösen,
- den Eigentümern von vornherein mit unbegründetem Misstrauen und Gängelung anstatt mit Kooperation zu begegnen,
- die Bildung von Eigentum durch Bevölkerungsgruppen mit durchschnittlichen Einkommen zu verhindern anstatt zu befördern und
- bestimmte Akteure aus den Wohnungsbauaktivitäten auszuschließen anstatt alle Akteure zu mobilisieren.
Haus & Grund Deutschland kann in diesem Gesetzentwurf keinen ausgewogenen Ausgleich der unter-schiedlichen Interessen erkennen und empfiehlt, die angeregten Änderungen umzusetzen.
Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der FDP „Mehr, schneller und günstiger bauen für bezahlbare Mieten und Eigenheime“
Der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion enthält zahlreiche Vorschläge, die dafür geeignet sind, Bauland zu mobilisieren und Wohnraum zu schaffen.
Bauland mobilisieren und Wohnraum schaffen, nicht den Mangel verwalten
Es erscheint auf den ersten Blick sinnvoll, bundesgesetzliche Mietpreisregulierung erst nach Ausschöpfung der ermittelten Potenzialflächen anzuwenden. Die Bauland- und Wohnungsbaupolitik ist das zentrale Instrument, um die Frage nach bezahlbarem Wohnraum in Deutschland zu beantworten. Eine erfolgreiche Bodenpolitik stellt Bauland zur Verfügung und ermöglicht die Schaffung von Wohnraum. Nur mit ausreichend Bauland kann die hohe Nachfrage nach Wohnraum beantwortet werden und die Preisentwicklung beim Wohnraum gedämpft werden.
Stattdessen stehen im Mittelpunkt der Wohnungspolitik die Regulierung von Mietpreisen und weitere Instrumente der Mangelverwaltung. Anstatt bauwilligen Akteuren Erleichterung für die Schaffung von Wohnraum anzubieten, schafft eine solche Politik Hemmnisse für diejenigen, die bereits Wohnraum anbieten – allen voran für die vermietenden Privatpersonen. Mit der Forderung der FDP-Bundestagsfraktion wird dieser politische Irrweg aufgegeben: Anstatt zuvorderst den Mangel an Wohnraum zu verwalten, soll der Mangel an Wohnraum aufgelöst werden.
Aber auch die Ermittlung von Potenzialflächen darf letztlich kein Kriterium für Mietpreisregulierungen sein. Selbst wenn alle Flächen ausgeschöpft sind und die Nachfrage weiter ungebrochen ist, kann die Preisregulierung keine Option für Durchmischung sein oder Gentrifizierung verhindern. Mehr noch führt sie sogar zu einer höheren Nachfrage. Grundsätzlich ist es die Aufgabe der Stadtplanung, Wohnraum und Nahversorgung unter Berücksichtigung sozialer Belange zu planen. Insofern gibt es auch die Instrumente des sozialen Wohnungsbaus. Der Einzeleigentümer kann die Probleme der Gentrifizierung oder der sozialen Durchmischung nicht lösen.
Wohnraumpotenzial unterm Dach nutzen
Um den wachsenden Bedarf an Wohnraum zu decken und gleichzeitig einen sparsamen Umgang mit Bauland sicherzustellen, ist die Innenentwicklung und Nachverdichtung von Städten notwendig. Der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion nimmt die Potenziale von Dachausbau und Aufstockung zu Recht in den Fokus. Derartige Nachverdichtung sowie Umnutzung von Bestandsbauten sind flächenschonende Möglichkeiten in Ergänzung zum Bau neuer Wohngebäude. Vor allem aber Dachausbau und -aufstockungen stellen als Bestandsentwicklungen einen wichtigen Beitrag zur Wohnungsangebotserweiterung dar, den gerade die privaten Hauseigentümer leisten können. Allein auf den Wohngebäuden der 1950er- bis 1990er-Jahre sind zwischen 1,1 Mio. bis 1,5 Mio. Wohneinheiten möglich. Um einen möglichst hohen Anteil an zusätzlichem, bezahlbarem Wohnraum ohne neuen Flächenverbrauch zu schaffen, müssen eine Reihe von bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorgaben weiterentwickelt und Förderstrukturen geschaffen werden, die den kleinteiligen Eigentümerstrukturen und ihren Bedürfnissen gerecht werden. Eine Umbau- und Dächeroffensive erscheint als vernünftiger Weg, die bereits vorliegenden Ansätze zur Beförderung dieser Maßnahmen in den politischen Prozess einzuspeisen.
Lärm schafft keine lebenswerten Quartiere
Haus & Grund Deutschland begrüßt eine stärkere Durchmischung von Wohnen und Gewerbe in bestehenden Quartieren und die damit einhergehende Attraktivitätssteigerung des Wohnumfelds. Lärm gehört in diesem Zusammenhang jedoch zu den stärksten Beeinträchtigungen im Wohnumfeld. Die immer wieder und auch hier von der FDP-Bundestagsfraktion geforderte Festsetzung von Innenpegeln bei der innerstädtischen Verdichtung würde jedoch die Schutzkonzeption des Lärmschutzrechts infrage stellen. Wenn Immissionsrichtwerte innen und nicht mehr außen einzuhalten sind, wird Bekämpfung von Lärm nicht mehr vorrangig an der Quelle ansetzen müssen. Für den Emittenten entfällt der Anreiz zur Emissionssenkung. Das widerspricht dem Verursacherprinzip. Haus & Grund Deutschland vertritt die Auffassung, dass nur über eine Festsetzung von Außenpegeln auch ein Mindestmaß an Aufenthaltsqualität in den Quartieren außerhalb des Wohnraums gesichert werden kann. Die Bewohner werden ein Quartier kaum als lebenswert akzeptieren, wenn es draußen lauter wird und sie Balkone sowie Grünflächen nicht nutzen können. Daher lehnt Haus & Grund Deutschland die vorgeschlagenen Änderungen im Lärmschutz ab.