Viele Wege – ein Ziel:
Der klimaneutrale Gebäudebestand 2050
Dr. Kai H. Warnecke, Präsident
Klimaneutralität ist ein zentrales gesellschaftliches Ziel. Besonders im Fokus steht dabei der Gebäudesektor, denn er muss ein elementares Bedürfnis des Menschen befriedigen: das Wohnen.
Gebäude bieten den Bewohnern nicht nur Wärme und Schutz, sie sind auch Lebensmittelpunkt und Zuhause. Daher müssen Wohnungen vor allem eins bleiben – für alle Menschen verfügbar und bezahlbar. Und genau dies ist die Herausforderung für den klimaneutralen Gebäudebestand!
Trotz dieser Besonderheit konnten die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor zwischen 1990 und 2020 bereits um 85 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente reduziert werden. Das entspricht einer Reduktion um etwa 40 Prozent und damit mehr als in anderen Sektoren.
Die einfachen, bezahlbaren Maßnahmen sind überwiegend umgesetzt. Nach der Pflicht folgt die Kür. Der weitere Weg wird nicht mit der bisherigen Politik und zulasten der Eigentümer und Nutzer zu bestreiten sein. Neue Wege und Strategien sind nötig, die Vermieter und Mieter nicht länger gegeneinander ausspielen, sondern sie Klimaschutz mitgestalten und an den Vorteilen teilhaben lässt.
Der erste Schritt hierfür ist getan und ein zielgenaues und effizientes CO2-Bepreisungssystem in Form des nationalen Emissionshandels (nEHS) auf den Weg gebracht. Kleinteilige Zielvorgaben und die Vielzahl der regulatorischen Anforderungen an Gebäude können und müssen in der Folge entfallen. Damit die Kosten des Wohnens für Mieter und selbstnutzende Eigentümer sowie die Belastungen bei der Umsetzung klimaschützender Maßnahmen für private Vermieter leistbar bleiben, müssen weitere Weichenstellungen erfolgen.
Lesen Sie, wie das gelingen kann.
UNSERE VORSCHLÄGE AUF EINEN BLICK:
Ein Ziel für alle. Sektorenziele aufheben.
EU-Emissionshandel.
Die Herausforderungen sind zu groß, die Notwendigkeit zum Klimaschutz zu drängend, als dass wir uns länger ein kleinteiliges, wenig zielorientiertes Handeln leisten können. Die im Bundes-Klimaschutzgesetz verankerten Sektorziele stehen einer effizienten Vermeidung von CO2-Emissionen entgegen. Sie führen dazu, dass Menschen bei den Wohnkosten überlastet werden, weil sie ineffiziente Maßnahmen finanzieren müssen.
CO2-Einnahmen an die Bürger zurückgeben.
Die CO2-Bepreisung im Wärmebereich wird das Heizen mit Öl und Gas für Mieter und Selbstnutzer zunehmend verteuern. Bei der Wohnraumvermietung kann der Staat das Investor-Nutzer-Dilemma lösen, indem er mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung die Mieter bei den höheren Kosten infolge klimaschützender Maßnahmen an den Gebäuden unterstützt. Mit den verbleibenden Einnahmen müssen zur Entlastung der Haushalte sukzessive die Stromkosten gesenkt werden.
Das Verursacherprinzip durchsetzen.
Die Kosten des CO2-Preises bei Gas und Heizöl müssen im Falle vermieteter Wohnungen vollständig von den Verursachern – also den Mietern – getragen werden. Sie sind es, die über den Verbrauch entscheiden und sie sind es, die Mietwohnungen nachfragen bzw. nicht nachfragen. Vermieter investieren in klimaneutrale Heiztechnologien, wenn sie nur dann noch Mieter für ihre Wohnung finden.
Eigenversorgung der Mieter mit Ökostrom ermöglichen.
Im oder auf dem Haus erzeugter Ökostrom muss künftig unbürokratisch von den Mietern genutzt werden können. Dafür müssen die regulatorischen Hürden fallen, sodass Vermieter diesen Teil des Stroms über die Betriebskosten mit ihren Mietern abrechnen können.
Fördern, was gefordert ist.
Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebestand müssen auch dann gefördert werden, wenn nur die nach dem Gebäudeenergiegesetz geforderten Klimaschutzstandards erreicht werden können. Dazu muss die Bundeshaushaltsordnung so geändert werden, dass sie eine finanzielle Förderung gesetzlich vorgeschriebener Maßnahmen nicht mehr ausschließt.
Versorgungsatlas einführen. Planungssicherheit für Klimaschutzinvestitionen schaffen.
Bis 2025 brauchen Eigentümer einen verbindlichen Versorgungsatlas ihrer Stadt oder Kommune. Der Versorgungsatlas muss für jedes Wohngebäude Zeitpunkt und Art der klimaneutralen Wärme- und Energieversorgung verbindlich ausweisen. Nur so können Eigentümer ihre Maßnahmen am Gebäude an die entsprechende Wärme- und Energieversorgung der Zukunft anpassen. Ohne diese Planungsvoraussetzung sind Klimaschutz und bezahlbares Wohnen nicht in Einklang zu bringen.