Gaspreisbremse März
Berlin, November 2022
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes
Erdgas und Wärme
I. Einleitung
Bereits im Sommer dieses Jahres war für jedermann ersichtlich, dass die Gaspreise in Deutschland extrem
steigen werden und in der Folge die Bürgerinnen und Bürger in diesem Winter vor gewaltigen finanziellen
Herausforderungen stehen werden. Angesichts dessen verwundert es, dass erst jetzt entsprechende Regelungen
für eine Gas- und Wärmepreisbremse auf den Weg gebracht werden. Die hierdurch bedingte sehr kurze Frist von knapp 6 Stunden für die Verbändeanhörung und der weitere enge Zeitplan für die Gesetzgebung, lassen Zweifel aufkommen, ob eine Verbändebeteiligung durch das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz überhaupt gewünscht ist und diese angemessen berücksichtigt werden soll. Dass die zentrale Regelung des § 27 über die Weitergabe der Entlastung bei Mietverhältnissen und Wohnungseigentümergemeinschaften nicht Teil der Verbändeanhörung ist, führt dazu, dass diese Regelung der Anhörung der Verbände entzogen wird. Dieses Demokratieverständnis der Bundesregierung sorgt für Irritationen, zumal der Presse vor der Durchführung der Verbändeanhörung eine entsprechende Regelung bereits durch den Staatssekretär Dr. Graichen vorgestellt wurde. Es hat den Anschein, dass die Bewertung der gesetzlichen Regelung durch die Presse für das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine höhere Bedeutung hat als die Stellungnahmen der Fachverbände.
Ungeachtet dessen begrüßt Haus & Grund Deutschland die Einführung einer Gas- und Wärmepreisbremse
und deren Ausweitung auf die heizintensiven Monate Januar und Februar. Es ist wichtig, dass allen Haushalten,
die mit Gas und Fernwärme versorgt werden, in dieser Krisensituation geholfen werde. Die jetzt vorgesehene
Ausweitung der Preisbremse auf die heizintensiven Monate Januar und Februar ist notwendig und richtig,
um den Bürgerinnen und Bürgern durch den Winter zu helfen.
Durch die vorgesehene Rückwirkung der Bremse wird die tatsächliche Entlastung für die Monate Januar und
Februar jedoch erst im März erfolgen. Das wird für viele Bürgerinnen und Bürger am Jahresanfang eine sehr
große finanzielle Herausforderung sein. Es sollte deshalb alles darangesetzt werden, die tatsächliche Entlastung
auf den Januar vorzuziehen.
Haus & Grund Deutschland forderte die Bundesregierung zudem auf, ihre Bemühungen zu verstärken, die in
Deutschland zur Verfügung stehenden Gasmengen zu erhöhen. Nur ein höheres Gasangebot wird dauerhaft
und nachhaltig zu sinkenden Preisen führen und Versorgungssicherheit herzustellen.
II. Zeitlicher Anwendungsbereich
In § 1 Absatz 1 wird geregelt, dass die Preisbremse bei mit Gas- oder Fernwärme versorgten Wohngebäuden von privaten Eigentümern erst ab Anfang März gelten soll. Nach § 5 und § 13 soll jedoch im März 2023 rückwirkend für die Monate Januar und Februar eine Entlastung erfolgen. Die Ausweitung der Entlastung auf die heizintensiven Monate Januar und Februar 2023 ist dringend notwendig, da ansonsten die Bürgerinnen und Bürger in diesen Monaten aufgrund der hohen Gas- und Wärmepreise mit hohen Kosten belastet werden.
Um den Empfängerkreis dieser rückwirkenden Entlastung bei Gaskunden zu bestimmen, wird in § 5 Absatz 1 Satz 1 jedoch irrtümlich auf § 3 Absatz 1 Satz 2 verwiesen. Die Auflistung der betroffenen Letztverbraucher erfolgt jedoch in § 3 Absatz 1 Satz 3.
In § 5 Absatz 1 Satz 1 müssen die Wörter „§ 3 Absatz 1 Satz 2“ durch die Wörter „§ 3 Absatz 1 Satz 3“ ersetzt werden, um den Anwendungsbereich für die Entlastungserstreckung auf die Monate Januar und Februar 2023 richtig zu definieren.
Durch die Rückwirkung im März wird zwar erreicht, dass die Bürgerinnen und Bürger auch für die Monate Januar und Februar eine Entlastung erhalten. Da diese aber erst im März erfolgt, werden sie im Januar und Februar 2023 zunächst mit hohen Kosten belastet. Dies wird viele Haushalte vor eine große finanzielle Herausforderung stellen. Um dies zu vermeiden, sollten die geplanten Entlastungen auch schon im Januar und im Februar 2023 wirken.
Um in den Monaten Januar und Februar 2023 keine Lücke bei der Wirkung der Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung entstehen zu lassen, fordert Haus & Grund entweder die Gas- und Wärmepreisbremse komplett auf den Januar vorzuziehen oder auch für diese Monate Einmalzahlungen zu veranlassen oder insbesondere die einkommensschwachen Haushalte auf andere Art und Weise in den Monaten Januar und Februar 2023 zu entlasten.
III. Informationspflichten der Vermieter
Nach § 4 Absatz 4 müssen die Erdgaslieferanten auf ihren Internetseiten bis zum 31. Januar 2023 allgemein über die Entlastung ab März 2023 und die Rückwirkung für Januar und Februar 2023 informieren. Entsprechende Informationspflichten treffen auch die Wärmelieferanten nach § 12 Absatz 4. Diese allgemeinen Informationen der Erdgas- und Wärmelieferanten werden bei den Versorgern ähnlich ausfallen. Es spielt also keine Rolle, bei welchem Versorger die Informationen bezogen werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht ersichtlich, warum sich Mieter nicht ebenso wie Vermieter auf den Internetseiten der Versorger informieren können sollten.
Aufgrund der Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) und dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) sind Vermieter schon mit zahlreichen Informationspflichten gegenüber ihren Mietern belastet worden. Diese verursachen nicht nur Kosten, sondern auch hohen Verwaltungsaufwand und lassen sich in den vorgegebenen Zeiten weder umsetzen, noch besteht die Chance, dass private Vermieter hierüber rechtzeitig angemessen informiert werden. Da sich zwar alle Informationspflichten inhaltlich leicht unterscheiden, sich aber alle mit dem Thema Energiepreise beschäftigen, haben inzwischen weder Vermieter noch Mieter eine Übersicht, wann sie zu welchen Themen und aus welchem Grund informieren bzw. informiert werden sollen. Die Bundesregierung sorgt für zusätzliche Verwirrung, wenn sie den Beteiligten hierbei enge Fristen setzt, selbst aber ihren Teil für die Informationen nicht liefert. So müssten eigentlich die Vermieter bereits jetzt über die Dezemberentlastungen informieren, können dies aber nicht, weil sie hierbei auf ein Informationsschreiben der Bundesregierung hinweisen müssen, das die Bundesregierung bisher nicht erstellt hat. Statt sich Gedanken über neue Informationspflichten für Vermieter zu machen, wäre es sicherlich angebracht, wenn die Bundesregierung zunächst ihren eigenen Informationspflichten nachkäme.
Haus & Grund lehnt daher weitere Informationspflichten für Vermieter an ihre Mieter im Zusammenhang mit Energiepreisen und Entlastungen ab, solange diese nicht im Rahmen der Betriebskostenabrechnungen erteilt werden können und für diese nicht eine angemessen lange Vorlauffrist festgelegt wird.
IV. Weitergabe der Entlastung an Mieter
Wie bei der Dezemberzahlung ist der einzige in der Praxis umsetzbare Weg, die Entlastung an die Mieter mit der Betriebskostenabrechnung weiterzugeben. Da die wenigsten Vermieter bisher die Betriebskostenvorauszahlungen angemessen an die gestiegenen Gas- und Wärmepreise angepasst haben, wäre eine Absenkung der Betriebskostenvorauszahlungen der Mieter aufgrund der Preisbremse überflüssig. Zudem wird die Mehrheit der Vermieter in diesem Jahr versuchen, die Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2022 für ihre Mieter so früh wie möglich zu erstellen, da die Vermieter bisher mit den gestiegenen Energiepreisen in Vorleitung für ihre Mieter gegangen sind und sich dies auf ihre eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit niederschlägt. Die erwartungsgemäß hohen Nachzahlungen werden die Vermieter also schon aus eigenem Interesse frühestmöglich über die Betriebskostenabrechnung geltend machen. Im Zuge der Betriebskostenabrechnung 2022 werden die Vermieter auch – wie das immer bei allen Betriebskostenabrechnungen üblich ist – die Vorauszahlungen der Mieter angemessen anpassen.
Haus & Grund fordert, dass die Weitergabe der Entlastung an die Mieter ausschließlich über die Betriebskostenabrechnungen erfolgen soll. Zusätzliche Maßnahmen, wie eine vor-zeitige Absenkung der Vorauszahlungen der Mieter, werden abgelehnt.
V. Umsetzung in Wohnungseigentümergemeinschaften
Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann eine Weitergabe der Entlastung nur im Rahmen der Jahresabrechnung erfolgen. Alle anderen Maßnahmen lassen sich aufgrund der Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts in der Praxis nicht ohne erheblichen Mehraufwand und Mehrkosten umsetzen. So wäre beispielsweise für eine vorzeitige Absenkung der Hausgeldzahlungen ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft erforderlich. Da die Ermittlung einer solchen angemessenen Absenkung außerhalb der Jahresabrechnung keine Standardaufgabe der Wohnungseigentümerverwalter ist, müsste dieser hierfür gesondert vergütet werden. Auch hierfür müsste ein Beschluss der Gemeinschaft erfolgen. Sowohl die Beschlussfassungen als auch die Ermittlung der Absenkung durch die Verwalter wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Vermutlich wird dies nicht flächendeckend vor der regulären Erstellung der Jahresabrechnungen möglich sein, so dass eine entsprechende Regelung in der Praxis ins Leere liefe.
Haus & Grund fordert, dass die Weitergabe der Entlastung bei Wohnungseigentümergemeinschaften ausschließlich über die Jahresabrechnungen erfolgen soll. Zusätzliche Maßnahmen, wie eine vorzeitige Absenkung der Hausgeldzahlungen, wird abgelehnt.
VI. Keine Meldung der Entlastung durch Vermieter und Wohnungseigentümer
Nach § 31 Absatz 2 sollen Vermieter dazu verpflichtet werden, pro Kalenderjahr die Höhe der finanziellen Entlastung mit dem jeweiligen Namen und der Anschrift der Letztverbraucher einer noch zu bestimmenden Stelle durch Datenfernübertragung melden. In Härtefällen soll auf Antrag auch eine Übermittlung per Vordruck möglich sein. Hintergrund ist die Erfassung der Steuerpflichtigkeit der Entlastungsbeträge
Die Steuerpflichtigkeit der Entlastung führt dazu, dass die Entlastungsleistung der Bundesregierung zu einem späteren Zeitpunkt wieder reduziert wird. Für die Bürgerinnen und Bürger dürfte es irritierend und enttäuschend sein, dass der Staat zunächst so viel Wert darauflegt, dass sie zeitnah über die Höhe der Entlastungen informiert werden, dann aber zu einem späteren Zeitpunkt die Höhe der Entlastung durch die Besteuerung wieder reduziert wird.
Eine Pflicht der Vermieter, an der korrekten Besteuerung der Mieter durch den Staat mitwirken zu müssen, ist ein Novum, dass den Vermieter zum Gehilfen des Finanzamtes macht. Nicht nur sind insbesondere private Vermieter durch eine Datenfernübertragung überfordert. Sie stellt auch noch eine zusätzliche Belastung der Vermieter mit Kosten und Verwaltungsaufwand dar, die mit dem verfolgten Zweck der Steuererhebung bei den Mietern nicht zu rechtfertigen ist. Wenn der Staat die Entlastungsbeträge wirklich steuerpflichtig gestalten will, dann darf er hierfür nicht auf private Vermieter zurückgreifen, sondern muss die Mieter verpflichten, dies in ihrer Steuererklärung anzugeben.
Haus & Grund lehnt eine Pflicht der Vermieter zur Meldung der an die Mieter weitergegebenen Entlastungszahlungen zwecks der Erhebung von Steuern an öffentliche Stellen ab.