Mietrechts- und Gewerbemietrechtsergänzungsgesetz
Berlin, Mai 2021
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes mietrechtlicher und gewerbemietrechtlicher Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches – Mietrechts- und Gewerbemietrechtsergänzungsgesetz – sowie zum Antrag der Linken „Kleingewerbe und soziale Einrichtungen vor Mietenexplosion schützen“
Einleitung
Sowohl der Gesetzentwurf als auch der Antrag der Linken haben sich zum Ziel gesetzt, insbesondere kleine Gewerbetreibende und soziale Einrichtungen vor zu hohen Mieten zu schützen und damit angeblichem Mietmangel durch das sich immer weiter verknappende Angebot entgegenzuwirken. Dafür soll nach dem Gesetzentwurf der Grünen nicht nur ein gesondertes Gewerberaummietrecht geschaffen werden, sondern auch die Regelungen zur Mietpreisbremse im Wohnraummietrecht verschärft werden. Diese Vorschläge schießen weit über das Ziel hinaus und werden von Haus & Grund abgelehnt:
Durch die vorgesehenen flächendeckenden Mietpreisregulierungen wird der deutsche Mietmarkt in seiner Diversität, einem vergleichsweise hohen Wohnstandard und seiner Balance zwischen Mietwohnungen und Wohneigentum weiter geschwächt. Langfristig wird diese Überregulierung des Mietmarktes dazu führen, dass sich die schwächste Vermietergruppe aus dem Wohnungsmarkt zurückzieht. 66 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland werden von privaten Kleinvermietern angeboten. Im Gegensatz zu den renditeorientierten Wohnungsunternehmen versuchen private Vermieter nicht, ihre Gewinne zu maximieren. Mit ihren zumeist vergleichsweise moderaten Mieten haben sie eine dämpfende Wirkung auf den Wohnungsmärkten (vgl. „WISTA – Wirtschaft und Statistik“, 5/2019 S. 96 https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2019/05/verbraucherpreisstatistik-auf-neuer-basis-2015-052019.html).
Die zunehmende Regulierung und Bürokratisierung der Vermietung sowie die generelle politische Stimmungsmache gegen Vermieter sorgen jedoch dafür, dass private Vermieter die Vermietung aufgeben, was im Ergebnis auch einen Rückgang der Mieterquote bedeutet. Zu diesem Ergebnis kommt unter anderem eine Studie des DIW Econ, welche im Mai 2020 die Auswirkungen der durch die Parteien geplanten Wohnungsmarktregulierungen auf den deutschen Mietmarkt untersucht hat. Diese sagt einen deutlichen Rückgang der Mieterquote voraus, welcher je nach Stärke der Regulierung unterschiedlich stark ausfällt (https://diw-econ.de/wp-content/uploads/DIW-Econ_Haus-und-Grund_Bericht_v4.0.pdf).
Diese Entwicklung verstärkt sich mit jedem weiteren Eingriff in das Mietrecht. Der Erwerb der dann abgestoßenen Wohnungen durch Großinvestoren löst das Wohnungsproblem nicht, denn deren Ziel ist Renditemaximierung und nicht das Bereitstellen von gutem und bezahlbarem Wohnraum. Wird eine Gewinnmaximierung nicht realisiert, werden die Kosten reduziert, indem Investitionen ausbleiben. In der Folge werden Mieter, die nicht in heruntergekommenen Mietwohnungen leben wollen, ins Eigentum gedrängt. Diese Entwicklung bestätigt auch bereits der erst jüngst durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Berliner Mietendeckel, der bereits erste Konsequenzen der überschießenden Regulierung nach sich zieht. So sind nicht nur die Anträge auf Baugenehmigungen im Jahr 2020 erneut gesunken, da Investoren kein Vertrauen mehr in den Berliner Mietmarkt haben, sondern auch immer mehr private Kleinvermieter stießen ihre Wohnungen ab. Das Angebot von Mietwohnungen hat sich laut einer Studie der 21st Real Estate um 42 Prozent reduziert. (Quelle: https://8b9bf2ef-9eb3-4855-a7f7-f1e21d10d8d5.filesusr.com/ugd/bc6e3b_b7933134af6b4cfd9821ae6699725925.pdf).
„Unfreiwillige“ Ausweichmöglichkeiten – nämlich der Erwerb von Eigentum – sind vor allem von einkommensstärkeren Haushalten zu erwarten. Schließlich werden nur noch die Menschen, die den Erwerb von Eigentum nicht finanzieren können, gezwungen sein, sanierungsbedürftige Wohnungen anzumieten. Langfristig werden also am meisten die finanzschwachen Haushalte unter der aktuellen Mietenpolitik leiden, indem der ihnen zur Verfügung stehende Wohnraum qualitativ schlecht sein wird. Potenzielle Verlierer sind auch diejenigen Mieterhaushalte, die aufgrund einer Veränderung der Haushaltssituation oder wegen eines Wohnortwechsels eine neue Wohnung suchen (sogenannte Insider-Outsider-Problematik). Sehenden Auges zerstört die Politik also die in der Vergangenheit funktionierenden Wohnungsmärkte und wird damit langfristig insbesondere den Mietern schaden, die sie vermeintlich schützen will (https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kiel-focus/2014/de/marktwirtschaftliche-politik-statt-politisierte-maerkte-wider-den-grassierenden-neointerventionismus-8367/).
Auch Eingriffe in das Gewerberaummietrecht sind sowohl im Hinblick auf die Verödung von Innenstädten als auch vor den aktuellen Entwicklungen aufgrund der Corona-Politik nicht geboten.
Das Bild in den Innenstädten hat sich erheblich verändert. Zahlreiche Gewerbeflächen stehen leer – trotz zahlreicher und umfangreicher Hilfen des Staates. Darunter leiden die Gewerbetreibenden genauso wie die Vermieter. Es sollte jetzt darum gehen, gemeinsam die Innenstädte zu revitalisieren, ohne einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen.
Wohnraummietrecht
Verschärfung der Mietpreisbremse
Eine Verschärfung der derzeit geltenden Mietpreisbremse lehnt Haus & Grund ab.
Mit Einführung der Mietpreisbremse im Jahr 2015 hat der Gesetzgeber massiv in das Grundrecht auf Eigentum und in die Vertragsfreiheit eingegriffen. Das Instrument ist gemessen an dem mit dem Gesetz ursprünglich verfolgten Ziel gescheitert. Die vergangenen Jahre sowie die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz beauftragte Evaluation der Mietpreisbremse aus dem Jahr 2019 haben gezeigt, worauf Haus & Grund von Beginn der Diskussion an hinweist: Die Mietpreisbremse ist – unabhängig von ihrem Umfang – nicht geeignet, bezahlbare Mieten für alle Einkommensgruppen in Ballungsräumen zu sichern. Vielmehr verknappt sich das Angebot in beliebten Städten und Stadtteillagen extrem, sodass es für Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen noch schwieriger wird, eine neue Wohnung zu finden. Statt Wohnraum zu schaffen, erhöht sich durch eine weitere Begrenzung der Miethöhe die Nachfrage. Gleichzeitig wird nicht eine Wohnung neu geschaffen. Abhilfe kann hier einzig durch Neubau, Nachverdichtung oder Aufstockung und Dachausbau geschaffen werden. Bei einer Vielzahl von Bewerbern entscheidet der Vermieter dann in der Regel trotzdem nach der Bonität, sodass von niedrigeren Mietpreisen vor allem einkommensstarke Interessenten profitieren. Die Verknappung des Wohnraumangebots verstärkt darüber die sogenannte Insider-Outsider-Problematik. Personen, die über ein gutes Netzwerk verfügen, finden trotz knappen Angebots weiterhin Wohnraum. Denn bei einer starken Nachfragesituation wird eine freie Wohnung bereits vermietet, bevor sie jemals auf den Markt kommt. Ist ein Wohnungsinteressent gut vernetzt, wird er Wohnungen finden, sofern er über eine gesicherte Bonität verfügt. Alle anderen haben kaum noch eine Chance, eine Wohnung zu bekommen.
Spätestens mit einer erneuten Verschärfung der Mietpreisbremse würde diese auch verfassungswidrig. Mit Beschluss vom 18. Juli 2019 hat das Bundesverfassungsgericht (u. a. 1 BvR 1595/18) entschieden, dass die Mietpreisbremse in der Fassung des Mietrechtsnovellierungsgesetzes vom 21. April 2015 mit den Regelungen des Grundgesetzes gerade noch vereinbar ist. Gleichzeitig zeigt das Bundesverfassungsgericht aber die grundgesetzlichen Grenzen solcher preisregulierenden Regelungen auf.
Jede Mietpreisregulierung stellt einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG dar und im Falle der privaten Vermietung schützt Art. 14 GG auch die persönliche Freiheit, durch mietvertragliche Überlassung der Wohnung an Dritte den eigenen Lebensunterhalt als Altersvorsorge zu erwirtschaften. Dabei müssen die wirtschaftlichen Folgen, die mit einer Mietpreisregulierung verbunden sind, den Vermietern noch zumutbar sein, damit das Gesetz im engeren Sinne verhältnismäßig ist. Dabei ist die absolute Eingriffgrenze für jede Mietpreisregulierung nicht erst dann erreicht, wenn die Auswirkungen der mietpreisdämpfenden Regelungen zu einer „Substanzgefahr der Mietsache“ oder gar zu einem „dauerhaften Verlust für den Vermieter“ führen. Die Vermietung und Verpachtung von Wohnraum darf auch bei vollständiger Ausschöpfung des Mietrechts im Ergebnis nicht unrentabel werden (Quelle: BVerfG Beschluss vom 4. Dezember 1985, 1 BvL 23/84, NJW 1986, 1669 ff.).
Die nach den Regelungen der Mietpreisbremse höchste zulässige Miete darf nicht von der Miete unregulierter Märkte abgekoppelt werden. Dies passiert jedoch umso mehr, je länger die Mietpreisbremse gilt und je stärker sie die Mieten reguliert. Insbesondere die Absenkung der Neuvertragsmieten von bisher 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete auf nunmehr nur 5 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete (Art. 1 Nr. 2a des Entwurfs) stellt dabei einen Katalysator dar. Aber auch die Abschaffung der bestehenden Ausnahmen der Vormiete sowie der umfassenden Modernisierung lassen den Marktbezug entfallen.
Nichts anderes wird durch das geplante Einfrieren der Neubaumieten passieren. Wird nur noch die erstmalige Vermietung eines Neubaus von der Mietpreisbremse ausgenommen und muss sich jede darauffolgende Miete unverändert an dieser Vormiete orientieren, wird die letzte Anreizwirkung für Investoren genommen. Hohe Erstellungskosten können so nicht mehr durch die Vermietung finanziert werden. Die Neubautätigkeit wird noch weiter als bisher zurückgehen.
Abschaffung der Rügepflicht
Haus & Grund fordert, die Rügepflicht nach § 556g Abs. 2 BGB beizubehalten.
Ein Rückzahlungsanspruch des Mieters auch bei versehentlichem Verstoß gegen die Mietpreisbremse soll nicht mehr von einer vorherigen Rüge abhängig gemacht werden, geschweige denn von dem Vorbringen von die Rüge begründenden Tatsachen. Es wird ihm also ermöglicht, „ins Blaue hinein“ Ansprüche zu stellen. Durch die schlichte Behauptung der Unzulässigkeit steht die vereinbarte Miete infrage und der Vermieter sieht sich – eventuell auch erst nach einem längeren Zeitraum – hohen Rückforderungen des Mieters ausgesetzt. Gleichzeitig wird der Vermieter gezwungen, die zulässige Miete durch einen Richter feststellen zu lassen, was vermehrte und unnötige Rechtsstreitigkeiten herbeiführt sowie ein erhöhtes Kostenrisiko für den Vermieter bedeutet. Auch das Bundesjustizministerium hat in der Begründung des Referentenentwurfs zur Einführung der Mietpreisbremse vom 29.09.2014 dargelegt, dass eine Rügepflicht des Mieters den berechtigten Interessen des Vermieters und der Tatsache Rechnung trage, dass sich der Mieter zunächst auf die vereinbarte Miethöhe eingelassen habe (vgl. auch die Gesetzesbegründung BT Drs. 18/3121).
Gerade für private Vermieter ist der durch den Gesetzentwurf vorgesehene Wegfall der Rügepflicht des Mieters eine unverhältnismäßige und einseitige Belastung. Die Schwierigkeiten bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind hinlänglich bekannt. Anhand eines Praxistests (https://www.hausundgrund.de/praxistest-selbst-experten-scheitern-der-ortsueblichen-vergleichsmiete) konnte Haus & Grund Deutschland nachweisen, dass selbst Gutachter die zulässige Miethöhe sogar im Geltungsbereich eines Mietspiegels nicht einheitlich bestimmen konnten. Mit dem Ansatz, die gesetzlichen Mängel nunmehr einseitig zulasten der Vermieter – im Falle der privaten Vermieter sind es Bürger, die Verbraucher sind – zu regeln, wird das dem BGB zugrunde liegende Verständnis des Zivilrechts verlassen. Wird der Rückzahlungsanspruch nicht erst von der Rüge abhängig gemacht, sondern wenn sich dieser unterschiedslos von Beginn des Mietverhältnisses erstreckt, muss tatsächlich ausnahmslos jeder redliche Vermieter Rücklagen über mehrere Jahre bilden. Diese Gelder können weder in Modernisierungen oder Instandhaltungsmaßnahmen investiert noch in irgendeiner anderen Weise wirtschaftlich sinnvoll angelegt werden. Darüber hinaus befinden wir uns in einer Zeit der Niedrigzinsen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Banken Strafzinsen auf Guthaben verhängen. Diese wirtschaftliche Belastung trüge ohne tatsächliches Erfordernis jeder Vermieter.
Ausweitung der Auskunftspflicht
Die im Entwurf vorgesehene Ausweitung der Auskunftspflicht des Vermieters auch über öffentlich zugängliche Daten und solche, die für ihn schwer bis nicht zu beschaffen sind, wird abgelehnt. Sie stellt nichts weiter als eine Norm zur Diskreditierung privater Vermieter dar, die nicht über ausgesprochene Datenbanken verfügen. Redliche Vermieter werden unnötigerweise kriminalisiert, wobei dies auch noch von der Willkür des Mieters abhängig gemacht wird.
Ausweitung des Betrachtungszeitraums der ortsüblichen Vergleichsmiete von 6 auf 20 Jahre
Haus & Grund lehnt die Ausweitung des Betrachtungszeitraums der ortsüblichen Vergleichsmiete von bisher 6 auf 20 Jahre ab.
Die Annahme, dass die Mieten deutschlandweit steigen, ist falsch. Zahlreiche Studien widerlegen die Behauptung, dass Mieten in Ballungszentren bzw. deutschlandweit weiter steigen. Tatsächlich zeigen die Studien auf, dass die Mieten stagnieren bzw. sogar sinken (vgl. https://www.empirica-institut.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen_Referenzen/PDFs/Immobilienpreisindex_Q32019.pdf und https://www.f-und-b.de/beitrag/fb-wohn-index-deutschland-iii-2019.html).
Die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete zeigt selbst für Ballungszentren mit Wohnraummangel, dass der Mietanstieg lediglich einzelne Mietsegmente betrifft und zugleich durch die Inflation bzw. das gestiegene Haushaltseinkommen ausgeglichen wird. (DAS GRUNDEIGENTUM Nr. 10/2019, S. 650, DAS GRUNDEIGENTUM Nr. 18/2019, S. 1162).
Zwar gab es in den Ballungszentren in den vergangenen Jahren eine anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnraum. Die vorgeschlagene Lösung, den Betrachtungszeitraum auszuweiten, ist aber offensichtlich ein Irrweg. Zum einen zielt sie nicht lediglich auf Ballungszentren ab, sondern stellt einen bundesweit geltenden Eingriff in das Mietrecht dar, unabhängig davon, ob der jeweilige Wohnungsmarkt angespannt oder entspannt ist. Zudem kann eine hohe Nachfrage nie durch eine gesetzlich vorgegebene Absenkung des Preises befriedigt werden. Vielmehr vergrößert jede weitere Preissenkung – wie bereits zur Mietpreisbremse ausgeführt – die Nachfrage weiter. Einer hohen Nachfrage kann nur mit einem entsprechend großen Angebot begegnet werden. Um hier von dem Versagen der Politik auf allen Ebenen abzulenken, werden immer weitere Mietpreisregulierungen eingeführt, ohne dass der Nachfrageüberschuss sinkt, da Mietregulierungen den Neubau langfristig verhindern.
Auch dieses Mittel benachteiligt insbesondere private Vermieter, die mit der Miete ihre alltägliche Kaufkraft im Rahmen der Altersvorsorge, die laufenden Aufwendungen der Instandhaltung, diverse Bewirtschaftungskosten, gesetzlich verpflichtende Modernisierungen sowie die laufende Kreditfinanzierung mit Zins und Tilgung bestreiten. Die Kalkulation privater Vermieter weicht für sämtliche dieser Positionen deutlich von denen großer Wohnungsunternehmen ab. Sie sind daher in einem besonderen Maße darauf angewiesen, die vertragliche Miete anpassen zu können. Denn die Kaufkraft der Miete, mit welcher Vermieter sämtliche Kostenpositionen und zugleich ihre Altersvorsorge decken, nimmt stetig und zugleich in einem erheblichen Umfang ab.
Aus den gleichen Gründen wie bereits unter dem Punkt A. „Verschärfung der Mietpreisbremse“ dargestellt, ist eine Ausweitung des Betrachtungszeitraums der ortsüblichen Vergleichsmiete auf 20 Jahre nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Neben den oben aufgeführten geschützten Rechten ist aber die Ertragsfähigkeit, mithin die Eignung, Überschüsse zu erzielen, geschützt. Gerade für private Vermieter, die ihre Altersvorsorge mit vermieteten Immobilien bestreiten, muss es möglich bleiben, hierdurch einen am Markt orientierten Ertrag zu erwirtschaften. Als Ausgleich für das Verbot der Änderungskündigung muss eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete sowohl aus Gründen einer Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Wohneigentums als auch zur Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung möglich sein (BT-Drs. 7/2011, Seite 7 f.). Die ortsübliche Vergleichsmiete soll dabei die auf dem Markt aktuell erzielbaren Mieten widerspiegeln (BT-Drs. 8/2610 S. 6). Bereits nach der gegenwärtigen Rechtslage wird dieses Ziel nicht erreicht. Denn insbesondere die Einführung der Mietpreisbremse hat dazu geführt, dass Neuvertragsmieten sich nicht an den am Markt erzielbaren Mieten orientieren können, sondern selbst an der ortsüblichen Vergleichsmiete gemessen werden. Sie wird im Geltungsgebiet der Mietpreisbremse nur noch durch die Mieten aus Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete bzw. bis zur Kappungsgrenze, Modernisierungsmieterhöhungen sowie den auf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Neuvertragsmieten gebildet. Insofern wurde ihr der bis dato einzig verbliebene Faktor mit Marktbezug entzogen. Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte wie Preissteigerungen werden damit nicht mehr berücksichtigt, denn der Gesetzgeber gibt einen pauschalen Aufschlag in Höhe von zehn Prozent – nach dem hier vorliegenden Gesetzentwurf sogar nur noch fünf Prozent – vor. Das System der ortsüblichen Vergleichsmiete ist nunmehr zirkulär, da sie sich sowohl im Falle der Mieterhöhung im laufenden Mietvertrag als auch bei der Neuvermietung im Geltungsbereich der Mietpreisbremse immer wieder auf sich selbst bezieht. Diese Mieten bilden anschließend die neue ortsübliche Vergleichsmiete. Je länger die Mietpreisbremse gilt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Vermietung dauerhaft zu Verlusten führt, was die Verfassungswidrigkeit zur Folge hat. Während gewerbliche Wohnungsunternehmen Skaleneffekte bei den Kosten der Finanzierung, dem Bau, der laufenden Bewirtschaftung (durch die Verwaltung und Rechtsberatung) sowie in der Instandhaltung gewinnerhöhend erzielen, ist für private Vermieter die Bestandsgarantie der Eigentumsfreiheit weitaus schneller gefährdet und Verluste sind von ihnen zu tragen. Mit der geplanten weiteren Ausweitung des Betrachtungszeitraums verkürzt sich nochmals der Zeitraum, in dem die Verluste erreicht werden. Ferner werden auch die letzten Eckpfeiler eines Marktbezugs gekappt.
Beschränkung der Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, § 558 Abs. 1 BGB
Die Absenkung der Mieterhöhungsmöglichkeit der Miete nach § 558 BGB in Gebieten mit Kappungsgrenzenverordnungen von bisher 15 Prozent auf 9 Prozent lehnt Haus & Grund ab. Sie ist ein erneuter Eingriff in die Rechte des Vermieters und ist insbesondere ein Angriff auf private Vermieter, welche in der Regel in laufenden Mietverhältnissen unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete vermieten. Es ist nicht nachvollziehbar, warum gerade die Vermieter, die bereits die Mieten gering halten, durch eine solche Gesetzesänderung bestraft werden sollen.
Zudem ist das Vermieten für private Vermieter bereits nach dem Status quo häufig ein Nullsummenspiel. Vor Einführung der Mietpreisbremse wurden Mieten in laufenden Mietverhältnissen nur selten erhöht, sodass die Mieten in Bestandsmietverhältnissen häufig unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen. Bei Neuvermietung konnte dann nach Jahren ohne Mieterhöhung die Miete angepasst werden. Mit Einführung der Mietpreisbremse 2015 war dies nicht mehr möglich; die Miete musste im laufenden Mietverhältnis immer wieder an die ortsübliche Vergleichsmiete angepasst werden, um auch in Zukunft ohne Verluste vermieten zu können. Wird diese Möglichkeit nun auch beschnitten – neben allen anderen bereits umgesetzten Restriktionen und den Forderungen dieses Entwurfs – haben Vermieter kaum noch Möglichkeiten, verlustfrei zu vermieten.
Ausschluss der ordentlichen Kündigung aufgrund Zahlungsverzugs bei Leistung oder Aufrechnungserklärung
Der Gesetzentwurf sieht vor, eine aufgrund von Zahlungsverzug ausgesprochene vorsorgliche ordentliche Kündigung ebenso wie die außerordentliche Kündigung entfallen zu lassen, soweit der Mieter seine Schulden in der gesetzlich vorgegebenen Frist begleicht oder die Aufrechnung erklärt. Bislang konnten Vermieter in diesen Fällen dennoch ordentlich kündigen, da das Vertrauensverhältnis nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weiterhin als gestört angesehen wird (vgl. auch BGH VIII ZR 231/17 und VIII 261/17). Zum Schutz der Vermieter lehnt Haus & Grund eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit ab.
Für den Vermieter gibt es nur wenig Möglichkeiten, einem Mieter zu kündigen. Dies hat in einem sozialen Mietrecht seine Berechtigung. Allerdings ist der Kündigungsgrund wegen der schuldhaften Verletzung der vertraglichen Pflichten im Rahmen des Zahlungsverzugs neben der Eigenbedarfskündigung der einzige noch ernsthaft bestehende Kündigungsgrund für Vermieter. Zahlt ein Mieter seine Miete schuldhaft nicht, so hat er genau diese Pflichten verletzt. Selbst wenn er die Miete nachzahlt und damit eine fristlose Kündigung heilt, so ist das Vertrauensverhältnis zwischen Vermieter und Mieter gestört. Der Erlass der fristlosen Kündigung mag bei einer Nachzahlung als eine Art Erlass einer Sanktion nachvollziehbar sein, die Pflichtverletzung an sich steht aber auch nach Zahlung im Raum. Dem Vermieter muss es möglich sein, einem unzuverlässigen Mieter kündigen zu können. Zudem benötigen gerade private Vermieter zur Deckung ihrer Ausgaben den regelmäßigen Bezug der Miete. Würde neben der fristlosen Kündigung auch die ordentliche Kündigung des Vermieters durch ein nachträgliches Entrichten der Miete unmöglich, würde ihnen das Risiko auferlegt werden, die Miete regelmäßig erst nach Androhung einer fristlosen- und hilfsweise einer ordentlichen Kündigung zu erhalten.
Einführung eines Gewerbemietrechts für Mietverhältnisse in angespannten Verhältnissen
Für die Einführung eines besonderen Mietrechts für Gewerbeimmobilien in angespannten Gewerbemietmärkten besteht kein erkennbarer Grund. Insbesondere bei immer weiter verödenden Innenstädten aufgrund der weiter zunehmenden Nutzung des Internethandels sowie der derzeit vorliegenden wirtschaftlichen Lage aufgrund der Corona-Pandemie ist nicht erkennbar, dass Gewerberaummieter aus dem Markt verdrängt werden. Vielmehr stehen viele Vermieter derzeit vor dem Problem, ihre Immobilien überhaupt vermieten zu können. Dies belegt auch eine aktuelle repräsentative noch laufende Civey-Umfrage bei der 30 Prozent der privaten Gewerberaumvermieter angeben, nicht die Miete erzielen zu können, die für das Mietobjekt vorgesehen sei (https://app.civey.com/embed/results/227064b1a73e0f3f82a4d8b451960e4b). Auch aus dem aktuellen vdp-Index geht hervor, dass die Preise für Gewerbeimmobilien gesunken sind (https://www.pfandbrief.de/site/dam/jcr:ca2d6cf5-fd0f-4d4c-a1e6-c5a22d4d64e3/vdp_Index_Q4_2020_DE.pdf).
Zudem stellt Haus & Grund grundsätzlich die Annahme infrage, dass Mietenregulierung vor vermeintlicher Verdrängung schützen kann. Unternehmen stehen untereinander in Konkurrenz, das ist Kern unternehmerischer Tätigkeit. Diese Konkurrenzsituation bezieht sich auch auf Gewerberäumlichkeiten. Es ist nicht ersichtlich, wie im Gewerbemietrecht geregelt werden soll, wann einem Gewerbetreibenden mit einer höheren Zahlungsbereitschaft, Gewerberäume zugunsten eines Gewerbetreibenden mit niedrigerer Zahlungsbereitschaft vorenthalten werden sollen und das auf Kosten eines Dritten, dem jeweiligen Eigentümer. Hauseigentümer haben ihrerseits kein Interesse, angestammte Gewerbemieter aus ihren Räumlichkeiten „zu verdrängen“. Mieterwechsel stellen auch für Eigentümer ein hohes Kosten- und Leerstandsrisiko dar. Die Entwicklung einer Gewerbemiete muss jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur Nutzung der Immobilie in ihrer jeweiligen Lage sowie zu der wirtschaftlichen Situation des Gewerbemieters und Eigentümers stehen.
Staatliche Intervention und Regulierung können keinen Ausgleich zwischen individuellen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Leistungsfähigkeiten von Gewerbemietern und Eigentümern leisten. Im Gegenteil – für einen fairen Interessenausgleich braucht es stattdessen verantwortlich und selbstständig handelnde Vertragspartner auf Seiten von Gewerbemietern und Vermietern. Das kann im Zweifel aber auch heißen, dass eine bestimmte Geschäftstätigkeit an einem bestimmten Ort nicht mehr leistbar ist. Eine Geschäftsaufgabe allein auf steigende Mieten zurückzuführen, ist dabei nicht redlich. Wenn eine zu hundert Prozent steuerlich abzugsfähige Ausgabe, wie die Gewerbemiete es ist, ein Geschäft ins Wanken bringen kann, muss auch die Frage gestellt werden, wie solide diese Geschäftstätigkeit ist.
Wenn Staat und Gesellschaft bestimmte Betriebe und Geschäftsmodelle als schützenswert betrachten, dann müssen diese Betriebe durch die Wirtschaftsförderung getragen werden. Dafür müssen die Steuerzahler aufkommen und damit auch die Eigentümer als Steuerzahler. Haus & Grund warnt davor, das einzelne unternehmerische Risiko von Gewerbetreibenden auf den einzelnen Anbieter von Gewerberäumen zu übertragen. Das würde den jeweiligen Eigentümer überfordern und unweigerlich das Angebot von Gewerberaum deutlich reduzieren.
Beschränkung der ordentlichen Kündigung
Derzeit können Gewerbemietverhältnisse im Rahmen der gesetzlichen Fristen jederzeit sowohl durch den Vermieter als auch den Mieter gekündigt werden. Ein besonderer Schutz, wie im Wohnraummietrecht vorgesehen, sowie eine Begrenzung der Kündigungsgründe ist nicht notwendig. Denn die soziale Komponente spielt im Gewerbeimmobilienrecht eine weit geringere Rolle. Vielmehr ist auch Gewerbemietern daran gelegen, sich jederzeit und schnell wieder aus einem Mietverhältnis lösen zu können. Um jedoch auch Planungssicherheit für Gewerbetreibende zu ermöglichen, erlaubt das BGB schon jetzt sowohl abweichende Regelungen als auch die Befristung der Mietverhältnisse, in denen dann weder der Vermieter noch der Mieter kündigen kann. Die hier vorgesehene Einschränkung der ordentlichen Kündigung bringt weder Mietern noch Vermietern einen Nutzen und führt nur dazu, dass Vermieter unnötig in ihren Grundrechten eingeschränkt würden.
Verlängerungsrecht des Mieters bei befristetem Mietvertrag auf bis zu 10 Jahre
Das im Entwurf enthaltene einseitige Verlängerungsrecht befristeter Gewerberaummietverhältnisse wird abgelehnt. Eine solche Regelung benachteiligt einseitig die Vermieter. Es ist nicht ersichtlich, warum ein Vermieter, der im Rahmen eines befristeten Mietverhältnisses auf jegliche ordentliche Kündigungsrechte verzichtet, einseitig das Risiko tragen soll, ob der Mieter bleibt oder geht. Gleichzeitig wird ihm durch das Verlängerungsrecht die Möglichkeit genommen, den Mietpreis bei einer eigentlich anstehenden Wiedervermietung anzupassen.
Insbesondere wenn die ordentliche Kündigung – wie im Entwurf vorgesehen – an das Vorliegen wichtiger Gründe geknüpft wird, erscheint es unbillig, die Vertragsfreiheit des Vermieters bei Eingehen eines befristeten Mietverhältnisses einzuschränken. Vorteil der Gewerberaummietverhältnisse ist gerade die Flexibilität sowie die Möglichkeiten, frei über Preis und Preissteigerungen zu verhandeln. Durch Einführung der hier vorgesehenen Dogmatik, würde dies verloren gehen. Letztlich käme dies auch Mietern nicht zugute, die häufig auf den Abschluss befristeter Mietverträge angewiesen sind. Vermieter würden vermehrt auf unbefristete Mietverhältnisse ausweichen, welche Mietpreissteigerungen – z. B. im Rahmen von Staffeln – beinhalten. Gerade kleine Gewerbetreibende könnten das Risiko nicht tragen und würden vom Mietmarkt abgeschnitten.
Begrenzung der Miethöhe
Eine Begrenzung der Miethöhe bei Gewerberaummieten analog der Mietpreisbremse im Wohnraummietrecht wird aus den oben genannten Zweifeln an der Wirksamkeit regulierender Maßnahmen abgelehnt. Die Einführung einer Mietpreisbremse darf zudem nicht inflationär angewandt werden. Ihr Einsatz ist auch nach Auffassung des Verfassungsgerichts nur dann vorgesehen, wenn kurzfristig andere Maßnahmen nicht greifen, diese aber langfristig umgesetzt werden. Eine Begrenzung der Miethöhe – und damit eine Beschränkung der Grundrechte des Vermieters – ist immer nur dann möglich, wenn dies angemessen und zumutbar ist.
Die Situation im Gewerberaummietrecht ist indes nicht mit der im Wohnraummietrecht vergleichbar. Gerade nach der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Insolvenzen vor allem kleinerer Unternehmen besteht nicht ein Unter- sondern ein Überangebot an Gewerberaum. Vermieter dieser Immobilien stehen vor dem Problem, überhaupt einen Gewerbemieter zu finden. Nach den Regeln der Marktwirtschaft bedeutet eine solche Marktsituation das Absinken von Mietpreisen und nicht das Ansteigen. Darüber hinaus war auch schon vor der Corona-Pandemie aufgrund der großen Ketten sowie des stetig wachsenden Internethandels ein Aussterben der Innenstädte zu verzeichnen. Vermieter finden keine Gewerbemieter mehr. Haus & Grund setzt sich in unterschiedlichen Gremien und Expertenrunden für eine Belebung dieser Innenstädte ein. Gleichzeitig werden an anderer Stelle solche Gesetzesentwürfe vorgelegt. Dies passt nicht zusammen und würde jegliche Bemühungen, die Innenstädte wieder zu beleben, konterkarieren.
Davon abgesehen wird es gerade privaten Vermietern so gut wie unmöglich sein, die ortsübliche Vergleichsmiete im Gewerberaum festzustellen. Nicht in allen Gebieten sind Gewerberaummietspiegel vorhanden. Das Aufzeigen von mindestens drei Vergleichsmieten ist privaten Kleinvermietern jedoch kaum möglich.