Photovoltaik-Strategie des BMWK
Berlin, März 2023
Stellungnahme zur Photovoltaik-Strategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
I. Einleitung
Deutschland strebt bis 2035 Treibhausgasneutralität im Stromsektor an. Als wichtiger Zwischenschritt soll bis
2030 der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf 80 Prozent steigen. Im EEG 2023 wurde
hierfür die jährlichen Ausbaumenge für die Photovoltaik von derzeit 7 Gigawatt (GW) auf 22 GW pro Jahr angehoben. Bis 2030 sollen etwa 215 GW Solarleistung in Deutschland installiert werden, jeweils zur Hälfte auf Dächern und auf Freiflächen.
Mit der vorliegenden Photovoltaik-Strategie (PV-Strategie) schlägt das BMWK verschiedene Maßnahmen vor,
um den Ausbau der Photovoltaik zu beschleunigen. Haus & Grund begrüßt, dass keine Solardachpflicht geplant ist und stattdessen mit Anreizen und Vereinfachungen der Ausbau vorangetrieben werden soll. Beim
Mieterstrom werden jedoch neue komplizierte Konstrukte geschaffen. Nötig wäre, eine für die Masse der
Mehrfamilienhäuser in Deutschland pragmatische und bereits für die Versorgung mit Wasser und Wärme bewährte Lösung zu nutzen: die Abrechnung über die Betriebskosten. Die PV-Strategie des BMWK setzt jedoch mit der Aufrechterhaltung der Wahlfreiheit des Mieters auf falschen Mieterschutz, wohl um die Partikularinteressen einzelner Stromversorger zu schützen.
Im vorliegenden Strategiepapier fehlen daher Maßnahmen, damit endlich auch die Bürger – Eigentümer und
Mieter gleichermaßen – von ihren Investitionen in Solarstromanlagen profitieren und nicht nur Unternehmen.
Insbesondere bleiben Mieter von den Vorteilen einer Eigenversorgung weitestgehend ausgeschlossen, weil
Vermieter wegen der hohen administrativen Hürden und des hohen finanziellen Risikos nicht in eine PV-Anlage
investieren. Haus & Grund hat daher konkrete Regelungen zur Umsetzung einer gerechten Mieterstromversorgung in der Broschüre "Mieterstrom - klimafreundlich und günstig für alle" veröffentlicht. Wir setzen uns damit nachhaltig für die Ziele der Bundesregierung zur Beschleunigung des Ausbaus der Photovoltaik ein.
II. Mieterstrom ermöglichen
Für private Vermieter stellt die Errichtung einer PV-Anlage keine attraktive Investition dar, solange der Strom
aus der Anlage im Gebäude von den Mietern nicht genutzt wird und die Einspeisung ins Netz nicht den Ertrag
bringt, um die Anlage in einem angemessenen Zeitraum zu refinanzieren. Die aktuell im EEG festgelegten
Vergütungssätze für Voll- und Teileinspeisung sowie die Mieterstromzuschläge sind für Anlagen auf Mehrfamilienhäusern nicht auskömmlich, um die hohen Investitionskosten innerhalb des Förderzeitraums zu decken.
Mieter sind nach geltendem Recht nicht verpflichtet, den vom Vermieter angebotenen Mieterstrom aus einer hauseigenen PV-Anlage abzunehmen. Sie können jederzeit unter Wahrung der Kündigungsfrist von einem Jahr den mit dem Vermieter geschlossenen Mieterstromvertrag kündigen. Für den investierenden Eigentümer bricht dann die wichtigste Einnahmequelle weg. In einigen Bundesländern gilt bereits eine Solardachpflicht, die Eigentümer verpflichtet, eine Solaranlage zu errichten, nicht aber die Mieter zur Abnahme des Stroms aus dieser Anlage.
Haus & Grund schlägt vor, das EnWG und EEG dahingehend zu ändern, dass Mieter den Strom aus einer hauseigenen Anlage unkompliziert nutzen können und für den verbrauchten Strom einen auskömmlichen Preis unterhalb des Grundversorgungstarifs über die Betriebskosten an den Vermieter zahlen. Für den zusätz-lich aus dem Netz benötigten Strom behalten die Mieter ihren Vertrag mit dem Stromversorger ihrer Wahl. Die konkreten Regelungen finden sich in der von Haus & Grund erstellten Broschüre "Mieterstrom - klimafreundlich und günstig für alle".
III. Auskömmliche Vergütung für ins Netz eingespeisten Strom
Für die Netzeinspeisung des in Wohngebäuden nicht benötigten Stroms müssen die gesetzlichen Vergü-tungssätze so angehoben werden, dass PV-Anlagen nicht zum Baukostentreiber werden und die Wohnkosten erhöhen. Mit den aktuell im EEG fixierten Vergütungssätze für Teil- und Volleinspeisung sind insbesondere kleine PV-Dachanlagen auf Ein- und Mehrfamilienhäusern nicht finanzierbar.
Damit geeignete Dächer möglichst flächendeckend für die Photovoltaik genutzt werden und das vorhandene Potenzial ausgeschöpft wird, muss der im Haus nicht benötigte und ins Netz eingespeiste Strom auskömmlich vergütet werden. Die geltenden Vergütungssätze sind für kleinere Anlagen auf Mehrfamilienhäusern nicht auskömmlich und müssen wegen der höheren spezifische Kosten angehoben werden. Zudem sollen zukünftig nicht mehr zwei einzelne Anlagen errichtet werden müssen, um die höheren Einspeisevergütung für Volleinspeisung zu erhalten. Dadurch werden unnötig zusätzliche Kosten und Ressourcen für Zähler, Anschlussleitungen und Steuereinrichtung gebunden. Stattdessen soll die dauerhaft im Gebäude nicht nutzbare Solarstrommenge vorab festgelegt und mit dem höheren Tarif für Volleinspeisung vergütet werden.
IV. Bürokratie abbauen
Die bürokratischen Hemmnisse bei der Nutzung von Photovoltaik in Mehrfamilienhäuser werden durch die im Strategiepapier festgelegten Maßnahmen nicht ausreichend adressiert. Im Gegenteil: Durch die vorgeschla-genen neuen Konstrukte für die Versorgung der Mieter mit Solarstrom entstehen neue Herausforderungen für Eigentümer, bestehende Anforderungen werden hingegen nicht beseitigt. Diese Hemmnisse sind:
- Nach wie vor müssen private Eigentümer, die eine Solarstromanlage betreiben und den nicht selbst verbrauchten Strom ins öffentliche Netz einspeisen oder an ihre Mieter verkaufen möchte, beim Finanzamt ein Gewerbe anmelden.
- Betreiber einer Solaranlage müssen sich zudem als Energieversorger registrieren und ihre Anlage inner-halb eines Monats nach Inbetriebnahme in das von der Bundenetzagentur verwaltete Marktstammdatenregister eintragen.
- Gegenüber dem Verteilnetzbetreiber muss angegeben werden, wie die Vergütung des überschüssigen, im Haus nicht benötigten und in das Netz eingespeisten Stroms erfolgen soll: über Direktvermarktung oder Einspeisevergütung.
- Reicht der im Gebäude erzeugte Strom zur Eigen- oder Mieterstromversorgung nicht aus, muss Strom aus dem allgemeinen Netz beschafft werden. Dazu muss ein Zusatzstromvertrag mit einem Stromanbieter abgeschlossen werden.
- Die für die Belieferung der Mieter mit Mieterstrom erforderlichen Stromlieferverträge müssen den Vorgaben des § 41 und wenn man den Mieterstromzuschlag erhalten möchte § 42a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) entsprechen. Ein Vertrag, in dem der Mieter verpflichtet wird, Strom über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre abzunehmen, wie er zur Finanzierung einer Photovoltaik-Anlage erforderlich wäre, ist leider unzulässig. Es können lediglich Vertragslaufzeiten von maximal zwei Jahren (§ 309 Nr. 9 BGB) und eine stillschweigende Vertragsverlängerung für maximal ein Jahr vereinbart werden. Bei Mieterstromverträgen nach § 42a beträgt die Vertragslaufzeit nur maximal ein Jahr.
Dass all diese Formalien von den privaten Eigentümern und auch den Wohneigentümergemeinschaft kaum erfüllt werden können, zeigen die zahlreichen Anfragen unserer Mitglieder. Nach Auffassung von Haus & Grund Deutschland sowie dem Verständnis unserer mehr als 910.000 Mitglieder ist Mieterstrom als Nebenleistung zur Vermietung anzusehen und der Verbrauch über die Betriebskosten abzurechnen. Die meisten der vorgenannten Hemmnisse lassen sich mit der von Haus & Grund vorgeschlagenen Mieterstromlösung beseitigen – vgl. Abschnitt II.
V. Vergütung des Solarstroms für Wärmepumpen und Hausstrom
Vermieter, die Strom aus einer hauseigenen PV-Anlage zum Betrieb einer Wärmepumpe oder für den Haus-strom nutzen wollen, können gegenüber den Mietern den Strom nicht rechtssicher abrechnen, da keine Stromrechnung als Nachweis existiert. Hier muss klargestellt werden, dass nach § 1 Absatz 1 Betriebskostenverordnung (BetrKV) der Strom aus einer PV-Anlage als „Sach- und Arbeitsleistung des Eigentümers mit dem Betrag angesetzt werden darf, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte.“ Für den verbrauchten PV-Strom soll der gleiche Preis gelten wie für den bezogenen Netzstrom. Die Umsatzsteuer darf dabei nur erhoben werden, wenn der Eigentümer diese an das Finanzamt entrichten muss.
VI. Keine allgemeine Solardachpflicht
Haus & Grund begrüßt, dass keine allgemeine Solardachpflicht für Wohngebäude angestrebt wird. Nach unseren Erfahrungen mit einzelnen Landes- und kommunalen Regelungen (Solargesetze) führt die Einführung einer Solardachpflicht zu weniger Neubau, höheren Baukosten und damit Mieten bzw. Wohnkosten. Im Gebäudebestand verhindert die Solardachpflicht außerdem notwendige Instandhaltungsarbeiten am Dach, da neben der Pflicht zur Dachdämmung nun eine weitere Investition notwendig wird.
Haus & Grund plädiert daher für eine bundeseinheitliche Lösung, die bestehende administrative Hürden im EnWG und EEG abbaut und Gebäudeeigentümer nicht mehr zu Energieversorgern macht. In Mehrfamilienhäusern muss die Mieterstromversorgung einfach geregelt werden und dabei – wie oben beschrieben – auf bewährte Abrechnungsmechanismen (Betriebskosten) zurückgegriffen werden können. Mieter sollen die glei-chen Vorteile wie Eigenversorger nutzen können.
Damit geeignete Dächer flächendeckend für Photovoltaik genutzt werden und somit das vorhandene Potenzial ausgeschöpft wird, muss der nicht im Haus benötigte und eingespeiste Strom auskömmlich vergütet werden. Die geltenden Vergütungssätze sind für kleinere Anlagen auf Mehrfamilienhäusern nicht auskömmlich und müssen daher wegen der höheren spezifischen Kosten angehoben werden.
VII. Balkonmodule sicher nutzen
Die Vorschriften für die Nutzung von Balkonmodulen sollen vereinfacht werden. Dabei sollen die Steckersolargeräte in den Katalog privilegierter Maßnahmen aufgenommen werden. Wohnungseigentümer und Mieter erhielten damit einen Anspruch auf Zustimmung seitens der Wohneigentümergemeinschaft (WEG) bzw. des Vermieters für deren Betrieb. Die Zustimmung für die Installation und den Betrieb einer steckerfertigen PV-Anlage sollte jedoch an Bedingungen geknüpft werden, um die sichere Nutzung des Gebäudes zu gewährleisten. Zum einen sind alle Arbeiten zur Installation der Balkonmodule nur von einer Fachfirma durchführen zu lassen. Zum anderen soll der Mieter/Wohnungseigentümer eine Haftpflichtversicherung abschließen, die alle eventuell durch die Balkonanlage verursachten Schäden abdeckt.
Vermieter und WEG müssen über die Art des Einbaus mitentscheiden können. Werden Balkonmodule an der Fassade oder der Brüstung montiert, geht dies mit einem Eingriff in die Bausubstanz einher. Durch Balkonmodule kann zudem - wie bei einer Satellitenschüssel - das Erscheinungsbild des Gebäudes negativ beeinträchtigt werden. In diesen Fällen muss es dem jeweiligen Eigentümer/WEG möglich bleiben, die Installation zu untersagen, wenn damit negative Auswirkungen zu erwarten sind (Eingriff in Gebäudestatik, Verstoß Denkmalschutz o.ä.).
Außerdem muss rechtlich klargestellt werden, dass für ordnungsgemäße Montage und Betrieb der Mieter haftet und alle im Zusammenhang mit dem Balkonmodul entstehenden Kosten der Mieter trägt. Sollten Nachbarn durch die Anlage übermäßig geblendet werden, können sie eine Demontage verlangen.