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Wohnhäuser

Praxistest ortsübliche Vergleichsmiete

Fragestellung

Bei der Mietpreisbremse knüpft gemäß § 556d Absatz 1 BGB die zulässige Neuvermietungsmiete an die ortsübliche Vergleichsmiete an. Kann durch diese Verknüpfung eine eindeutig bestimmbare Neuvermietungsmiete benannt werden und ist der finanzielle Aufwand für private Vermieter, die deutschlandweit 66 Prozent aller Mietwohnungen anbieten, vertretbar, um diese zulässige Neuvermietungsmiete professionell feststellen zu lassen?

Der Praxistest

Um die aufgeworfenen Fragen zu beantworten, wurden für je eine Wohnung in den Städten Berlin, Bonn, Bremen, Kassel und Kiel jeweils 3 Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete erstellt.

Bremen

Daten zur Stadt

  • ca. 568.000 Einwohner
  • Kündigungsbeschränkung nach § 577a Absatz 2 BGB: nein
  • Abgesenkte Kappungsgrenze nach § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB: j
  • Mietpreisbremse nach § 556b Absatz 2 BGB: ja
  • kein Mietspiegel vorhanden
  • laut Sachverständigenliste der IHK 8 Gutachter im Umkreis von 50 km

 

Anfragen an Gutachter

Alle angefragten Gutachter lehnten eine Beauftragung ab, da das gewünschte Gutachten zeitnah nicht erstellt werden könne und in Anbetracht der Kosten nicht sinnvoll sei.


Die Kosten für ein Gutachten sollten sich zwischen 2.000 € und 2.500 € belaufen.


Mangels der Bereitschaft der Gutachter wurde der Praxistest eingestellt.

Kassel

Daten zur Stadt

  • ca. 204.000 Einwohner
  • Kündigungsbeschränkung nach § 577a Absatz 2 BGB: nein
  • Abgesenkte Kappungsgrenze nach § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB: ja
  • Mietpreisbremse nach § 556b Absatz 2 BGB: ja, in einzelnen Stadteilen
  • kein Mietspiegel vorhanden
  • laut Sachverständigenliste der IHK 2 Gutachter im Umkreis von 100 km

 

Anfragen an Gutachter

Von den 2 bei der IHK gelisteten Gutachtern im Umkreis von 100 km war nur noch einer tätig.
 

Es wurden 5 weitere Gutachter aus einem Umkreis von über 100 km angefragt. Diese reagierten entweder gar nicht auf die Anfrage oder lehnten den Auftrag ab.


Da nur ein Gutachter für die Erstellung eines Gutachtens zur Verfügung stand, wurde der Praxistest abgebrochen.

 

Kiel

Daten zur Stadt

  • ca. 248.000 Einwohner
  • Kündigungsbeschränkung nach § 577a Absatz 2 BGB: nein
  • Abgesenkte Kappungsgrenze nach § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB: nein
  • Mietpreisbremse nach § 556b Absatz 2 BGB: ja
  • Qualifizierter Mietspiegel vorhanden
  • laut Sachverständigenliste der IHK 1 Gutachter im Umkreis von 50 km

 

Anfragen an Gutachter

4 Gutachter wurden in Kiel angesprochen. Nur ein Gutachter hatte sich bereit erklärt, ein Mietgutachten zu erstellen.
 

Zusätzlich angesprochene Gutachter aus Hamburg lehnte ein Begutachtung für bis zu 2.000 € ab.


Mangels der Bereitschaft der Gutachter wurde der Praxistest eingestellt.

Berlin

Daten zur Stadt

  • knapp. 3,7 Mio. Einwohner
  • Kündigungsbeschränkung nach § 577a Absatz 2 BGB: ja
  • Abgesenkte Kappungsgrenze nach § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB: ja
  • Mietpreisbremse nach § 556b Absatz 2 BGB: ja
  • qualifizierter Mietspiegel vorhanden
  • laut Sachverständigenliste der IHK 11 Gutachter im Umkreis von 100 km

 

Anfragen an Gutachter

Von den 11 bei der IHK gelisteten Gutachtern im Umkreis von 100 km wurden 8 Gutachter angefragt.
Ein Gutachter lehnte die Erstellung eines Gutachtens ab.
Die übrigen 7 Gutachter bezifferten die Kosten für ein Gutachten zwischen 400 € und 2500 € netto (im Durchschnitt bei ca. 1.673 €). Teilweise wurde darauf verwiesen, dass sich ein Gutachten vermutlich nicht rechnen werde.

3 Gutachter wurden mit der Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete beauftragt.

Das zu begutachtenden Objekt

Wohnung in einem Mehrfamilienhaus

  • 2 Zimmer, Küche, Bad, Flur und Balkon, Einbauküche
  • ca. 43,6 m²
  • Altbau (ca. 1908)

 

Gutachten 1
Methode: Einordnung in den Berliner Mietspiegel
Kosten: 416,50 €
Zwei Begehungen durch Gutachter

Einordnung in den Mietspiegel

Mietspiegelfeld Feld F1: Mittelwert 7,03 €/m²
Merkmalgruppen
1. Bad/WC: negativ -20 %
2. Küche: positiv +20 %
3. Wohnung: positiv +20 %
4. Gebäude: positiv +20 %
5. Umfeld: neutral +/-0 %
Ergebnis: Zuschlag von +40 % = 0,69 €/m²

Ergebnis ortsübliche Vergleichsmiete

 

 


Nettokaltmiete in €/m²: 7,72
Nettokaltmiete in €: 336,59

Gutachten 2
Methode: Einordnung in den Berliner Mietspiegel
Kosten: 1.666,00 €
Eine Begehung durch Gutachter

Einordnung in den Mietspiegel

Mietspiegelfeld Feld F1: Mittelwert 7,03 €/m²
Merkmalgruppen
1. Bad/WC: neutral +/-0 %
2. Küche: positiv +20 %
3. Wohnung: positiv +10 %
4. Gebäude: positiv +0 %
5. Umfeld: neutral +20 %
Ergebnis: Zuschlag von +50 % = 0,86 €/m²

Ergebnis ortsübliche Vergleichsmiete

 

 

 

Nettokaltmiete in €/m²: 7,89
Nettokaltmiete in €: 344,00

Gutachten 3
Methode: Orientierung an Vergleichsobjekten
Kosten: 2.284,80 €
Eine Begehung durch Gutachter
 

Gutachten 3: Ergebnis

ortsübliche Vergleichsmiete
Nettokaltmiete in €/m²: 9,79
Nettokaltmiete in €: 427,00

 

Bonn

Daten zur Stadt

  • ca. 325.500 Einwohner
  • Kündigungsbeschränkung nach § 577a Absatz 2 BGB: nein
  • Abgesenkte Kappungsgrenze nach § 558 Absatz 3 Satz 2 BGB: ja
  • Mietpreisbremse nach § 556b Absatz 2 BGB: ja
  • qualifizierter Mietspiegel vorhanden
  • laut Sachverständigenliste der IHK 12 Gutachter im Umkreis von 50 km; in
    Bonn selber gibt es keine Gutachter

 

Anfrage an Gutachter

Nach vielen Versuchen konnten 3 Gutachter beauftragt werden.
Andere Gutachter lehnten eine Beauftragung aus Kosten- oder Zeitgründen ab.

 

 

Das zu begutachtenden Objekt


Wohnung in einem Mehrfamilienhaus

  • 3 Zimmer, Küche, Diele, Bad, und Balkon
  • ca. 77,0 m²
  • Altbau (ca. 1918)

 

Gutachten 1
Methode: Einordnung in den Bonner Mietspiegel
Kosten: 1.200 €
Eine Begehungen durch Gutachter

Einordnung in den Mietspiegel


Ausgangswert: 8,89 €/m²
Zuschlag Rollläden: 0,09 €/m²
Abzug Grundriss: 0,09 €/m²
Abzug Farbunterschied Sanitärgegenstände: 0,09 €/m²
Abzug fehlende Abstellmöglichkeiten: 0,09 €/m²
Abzug fehlender FI-Schalter: 0,09 €/m²
Ergebnis: 8,62 €/m²
Nettokaltmiete (bei 77 m²): 664,00 €

Gutachten 2


Methode: Orientierung an Vergleichsobjekten
Kosten: 1.881,00 €
Eine Begehungen durch Gutachter

Ergebnis ortsübliche Vergleichsmiete

 


Nettokaltmiete in €/m²: 11,00
Nettokaltmiete in €: 847,00

Gutachten 3


Methode: Orientierung an Vergleichsobjekten
Kosten: 1.760,90 €
Eine Begehungen durch Gutachter

Ergebnis ortsübliche Vergleichsmiete

 


Nettokaltmiete in €/m²: 9,74
Nettokaltmiete in €: 750,00

 

Fazit


Wer die maximal zulässige Miete nach der Mietpreisbremse professionell ermitteln lassen will, stößt auf Schwierigkeiten.

 

  • Die Anzahl der Gutachter ist begrenzt. Nicht in allen Regionen, in denen die Mietpreisbremse gilt, kann auf ausreichend Gutachter zurückgegriffen werden.
  • Für die Ermittlung der nach der Mietpreisbremse maximal zulässigen Miete durch einen Fachmann muss der Vermieter im Schnitt über 1.500 € investieren.
  • Auch Gutachter können die ortsübliche Vergleichsmiete und somit die maximal zulässige Miete nach der Mietpreisbremse nicht einheitlich ermitteln.
  • Selbst bei der Einordnung in einen Mietspiegel, werden die einzelnen Merkmale einer Wohnung auch von Gutachtern unterschiedlich bewertet.
  • Jede selbst durch einen Gutachter ermittelte maximal zulässige Miete nach der Mietpreisbremse kann durch ein Zweitgutachten in Frage gestellt werden.