Steckersolargeräte
Berlin, Februar 2024
Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen und dem Entwurf eines Gesetzes zum beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken
1. Allgemeines
Haus & Grund Deutschland begrüßt grundsätzlich die Vereinfachungen des Wohnungseigentumsgesetzes.
Digitale Medien entwickeln sich beinahe täglich weiter. Auch die Bedeutung erneuerbarer Energien ist in den
letzten Jahren erheblich angestiegen. Insofern begrüßen wir es, dass sich die Regierungskoalition erneut mit
rein virtuellen Eigentümerversammlungen und – wie auch die CDU/CSU-Fraktion – mit dem erleichterten
Einsatz erneuerbarer Energien befasst.
2. Privilegierung von Steckersolargeräten
Sowohl der Gesetzentwurf der Bundesregierung als auch der der Bundestagsfraktion CDU/CSU sehen vor,
den Einbau von sogenannten Steckersolargeräten zu erleichtern. Dabei soll nach beiden Entwürfen der
Einbau privilegiert behandelt und dem § 20 Abs. 2 WEG hinzugefügt sowieMietern einen Anspruch
gegenüber ihrem Vermieter gegeben werden, diese in ihrer Mietwohnung zu verbauen. Grundsätzlich
begrüßt Haus & Grund Deutschland die Überarbeitung der Gesetze hin zur erleichterten Nutzung
erneuerbarer Energien.
aa) § 20 Abs. 2 WEG
Nach dem Regierungsentwurf sollen Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen die anderen Eigentümer
haben, Steckersolargeräte zu verbauen und zu nutzen. Damit werden die bislang privilegierten Maßnahmen
zur Barrierefreiheit, Elektromobilität, zum Einbruchschutz und der schnellen Datenverbindung ergänzt.
Der Entwurf der CDU/CSU Bundestagsfraktion sieht diesbezüglich noch eine Einschränkung auf
steckerfertige Photovoltaik-Anlagen an und auf einem ausschließlich selbst genutzten Balkon oder einer
ausschließlich selbst genutzten Terrasse vor.
Haus & Grund Deutschland bezweifelt, dass Steckersolargeräte eine wirtschaftlich sinnvolle Investition für
einzelne Eigentümer darstellen. Bislang ist der Ertrag der Geräte gering, sodass eine große finanzielle
Einsparung vor dem Hintergrund der hohen Anschaffungskosten nicht zu erwarten ist. Es ist jedoch zu
erwarten, dass eine technische Weiterentwicklung erfolgt. Zudem sollte dem Wunsch einzelner Eigentümer,
sich klimaschützend einzubringen und zumindest einen kleinen Teil des Stroms selbst zu erzeugen,
Rechnung getragen werden.
Größter Kritikpunkt am Verbau von Steckersolargeräten ist die Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds
der Immobilie, welches bis zur WEG-Reform 2020 in der Regel einen Beschluss aller Eigentümer
voraussetzte. Von dieser Systematik hat das reformierte Gesetz Abstand genommen. Bauliche Änderungen
können im Mehrheitsprinzip beschlossen werden. Privilegierten Maßnahmen muss sogar regelmäßig
zugestimmt werden. Um zu vermeiden, dass das Erscheinungsbild der Immobilie nicht zersplittert wird, hat
die GdWE die Möglichkeit, gemäß § 20 Abs. 2 S. 2 WEG über die Art und Weise der Ausführung zu
beschließen. Damit werden die Interessen der übrigen Eigentümer ausreichend geschützt. Auch ein
technisch korrekter Einbau ist über § 20 Abs. 2 S. 2 WEG beschlussfähig.
Haus & Grund Deutschland verschließt sich aus diesem Grund nicht gegen die Einführung einer neuen
privilegierten Maßnahme für Steckersolargeräte. Die Einschränkung auf den Einbau an ausschließlich selbst
genutzten Terrassen oder Balkonen, wie die CDU/CSU-Fraktion es vorsieht, ist dabei sinnvoll. Zwar sind
Steckersolargeräte – Balkonkraftwerke – in der Regel genau für diesen Gebrauch gedacht, es schadet
jedoch nicht, dies nochmals konkret durch den Gesetzeswortlaut klarzustellen.
bb) § 554 BGB
Vor dem Hintergrund der Synchronisierung des Miet- und WEG-Rechts ist es nachvollziehbar, dass auch
Mietern der Anspruch eingeräumt wird, Steckersolargeräte an der Außenseite ihrer Wohnungen installieren
zu können. Auch ihrem Wunsch auf Herstellung eigener Solarenergie ist Rechnung zu tragen. Anders als
§ 20 Abs. 2 S. 2 WEG sieht § 554 BGB jedoch bislang nicht vor, dass der Vermieter auf die Art und Weise
des Einbaus sowie die Auswahl von bestimmten Technologien Einfluss nehmen kann. Dies ist jedoch aus
zweierlei Hinsicht notwendig: Zum einen darf der Vermieter nicht die Hoheit über das äußere
Erscheinungsbild der Immobilie verlieren. Steckersolargeräte sind großflächige Installationen, deren
einheitlichen Einbau der Vermieter zumindest verlangen können muss. Zudem muss sichergestellt sein,
dass diese technisch und elektrisch durch eine Fachkraft verbaut werden. Zum anderen bedarf es eines
Synchronlaufs mit den Regelungen im Wohnungseigentumsgesetz, nach denen die Gemeinschaft über das
Wie der Maßnahme entscheiden darf. Die in § 554 BGB vorgesehene Interessenabwägung wird der
Problematik, insbesondere wenn es sich um einen vermietenden Wohnungseigentümer handelt, nicht
gerecht. Mieter müssen von vornherein erkennen können, dass im Zweifel der Vermieter über die Nutzung
entscheidet.
Um keine Einzelfalllösung für Steckersolargeräte zu schaffen, schlägt Haus & Grund Deutschland
vor, § 554 Abs. 1 BGB folgendermaßen zu ändern:
Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem
Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge, dem
Einbruchsschutz oder der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte dienen. Über die Durchführung der
Maßnahme entscheidet der Vermieter. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem
Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann
sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit
verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.
3. Rein virtuelle Eigentümerversammlungen
Der Regierungsentwurf sieht zudem vor, rein virtuelle Eigentümerversammlungen in
Wohnungseigentümergemeinschaften durch Beschluss der Eigentümerversammlung mit mindestens
dreiviertel der abgegebenen Stimmen zu ermöglichen. Der Beschluss kann höchstens für einen Zeitraum
von drei Jahren gefasst und muss im Anschluss erneuert werden.
Der Einsatz digitaler Medien gewinnt immer mehr an Bedeutung. Aus diesem Grund - und auch getrieben
durch die Corona-Pandemie - wurde bereits mit der WEG-Reform 2020 die bislang nur in Präsenz mögliche
Eigentümerversammlung als Hybridveranstaltung zugelassen, wenn dies durch die Eigentümer beschlossen
wird. Die Ausweitung hin zu einer rein virtuellen Versammlung ist ein konsequenter und zumindest
mittelfristig auch notwendiger Schritt in die digitale Zukunft, der grundsätzlich begrüßt wird. Es ist jedoch
fraglich, ob es nicht noch immer eine erhebliche Anzahl an Eigentümern gibt, die nicht über die technischen
Möglichkeiten oder das Verständnis zur Teilnahme an einer rein virtuellen Eigentümerversammlung
verfügen.
Die im Referentenentwurf vorgesehene Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen tritt
dieser Besorgnis nicht vollständig entgegen. Zwar wird mit diesem hohen Beschlussquorum sichergestellt,
dass eine große Anzahl von Eigentümern für die Möglichkeit von rein virtuellen Eigentümerversammlungen
stimmt – dieser also offen gegenübersteht. Auch ist davon auszugehen, dass, solange nach dem gesetzlich
vorgesehenen Kopfprinzip abgestimmt wird, lediglich ein kleiner Anteil von Eigentümern gegen ihren Willen
virtuelle Eigentümerversammlungen aufgedrängt bekommt. Gänzlich geschützt sind diese Eigentümer
jedoch nicht. Aus diesem Grund plädiert Haus & Grund Deutschland dafür, die virtuelle
Eigentümerversammlung nur mit einstimmigem Beschluss zuzulassen. Eigentümern, die nicht an der
Eigentümerversammlung teilnehmen können, steht es offen, per Vollmacht an der Beschlussfassung
teilzunehmen und so einen einstimmigen Beschluss zu verhindern. Zudem sollte klargestellt werden, dass
die Teilnahme jederzeit, z.B. im Verwalterbüro oder bei anderen Eigentümern am Computer, möglich ist.
Obgleich dies bereits nach dem jetzigen Wortlaut möglich ist, sollte hier eine sprachliche Klarstellung
erfolgen, um Restzweifel zu zerstreuen und die Akzeptanz der technischen Neuerung zu erhöhen. Auch
schlägt Haus & Grund Deutschland vor, dass zur Erhöhung der Akzeptanz klargestellt wird, dass virtuelle
Eigentümerversammlungen auch nur für bestimmte Arten von Versammlungen zugelassen werden können.
Dafür könnte § 23 Abs. 2a WEG folgendermaßen formuliert werden:
Die Wohnungseigentümer können einstimmig beschließen, dass die Versammlung innerhalb eines
Zeitraums von längstens drei Jahren ab Beschlussfassung ohne physische Präsenz der
Wohnungseigentümer und des Verwalters an einem Versammlungsort stattfindet oder stattfinden kann
(virtuelle Wohnungseigentümerversammlung). Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung kann auf
bestimmte Themen oder Kosten beschränkt werden. Die virtuelle Wohnungseigentümerversammlung muss
hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer Präsenzversammlung vergleichbar sein. Die
Teilnahme mehrerer an der Teilnahme der virtuellen Wohnungseigentümerversammlung berechtigten
Eigentümer an einem Endgerät ist möglich.
Letztlich gibt Haus & Grund Deutschland zu bedenken, dass die Vorgabe, dass eine virtuelle und auch
hybride Wohnungseigentümerversammlung hinsichtlich der Teilnahme und Rechteausübung mit einer
Präsenzveranstaltung vergleichbar sein muss, ausgefüllt werden sollte. Bislang ist nicht abschließend
geklärt, wie zum Beispiel das Gebot der Nicht-Öffentlichkeit hinreichend sichergestellt werden kann. Auch
Vorgaben zur technischen Umsetzung liegen bislang nicht vor. Es ist zu wünschen, dass
Handlungsempfehlungen formuliert werden, um eine einheitliche digitale Wohnungseigentümerversammlung
sicherzustellen.
4. Erweiterung der Übertragbarkeit beschränkter persönlicher
Dienstbarkeiten
Der Regierungsentwurf sieht vor, die Ausnahmen von der grundsätzlichen Unübertragbarkeit beschränkter
persönlicher Dienstbarkeiten in § 1092 Absatz 3 Satz 1 des BGB für juristische Personen und für
rechtsfähige Personengesellschaften, um Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie zu erweitern.
Haus & Grund Deutschland begrüßt diese Ausweitung. Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien
gewinnen immer mehr an Bedeutung und deren Fortbestand muss auch bei einem Betreiberwechsel
gewährleistet sein. Nur so können ein reibungsloser Betrieb sichergestellt und dritte Beteiligte, wie z.B.
Banken, ausreichend abgesichert werden.
Um diejenigen Eigentümer zu schützen, die beschränkte persönliche Dienstbarkeiten unter der Prämisse der
Unübertragbarkeit haben eintragen lassen, sollte eine finanzielle Ausgleichszahlung vorgesehen werden. Es
ist davon auszugehen, dass andere Vertragsbedingungen ausgehandelt worden wären, wenn die
Eigentümer der Immobilie gewusst hätten, dass die Dienstbarkeit auch auf Dritte übergehen kann. Zudem
sollte ein Sonderrecht zur Löschung eingeräumt werden, sollte eine Einigung auf eine Entschädigung nicht
erreicht worden sein und eine Übertragung notwendig werden. Eine solche Regelung für Altfälle könnte im
EGBGB vorgenommen werden.