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Wissenswertes

AG Köpenick: „Fuck you“ des Mieters ist kein Kündigungsgrund

Eine Beleidigung des Vermieters (oder dessen Hilfspersonen) durch den Mieter kann eine fristlose Kündigung nach sich ziehen. Ob eine vom Mieter ausgesprochene Beleidigung zu einer fristlosen Kündigung führt richtet sich jedoch immer nach den Umständen des Einzelfalls und lässt sich nicht generell beantworten. Insbesondere bei „leichteren“ verbalen Verfehlungen des Mieters dürfte eine vorherige Abmahnung erforderlich sein. Eine schwerwiegende Beleidigung rechtfertigt in der Regel jedoch eine fristlose Kündigung.
 

Beleidigung kann zu fristloser Kündigung des Mieters führen

Die Intensität zur Berechtigung einer fristlosen Kündigung wurde angenommen bei Äußerungen wie „Du kannst mich am Arsch lecken, du verrücktes Arschloch“ (LG Köln, Urteil vom 21.01.1993, Az. 1 S 365/92) oder „Sie sind ein Schwein“ (Amtsgericht München, Urteil vom 09.08.2013, Az. 411 C 8027/13). Eine fristlose Kündigung kann auch berechtigt sein, wenn der Mieter den Vermieter versucht bei anderen in Misskredit zu bringen. Eine hierdurch begründete üble Nachrede muss der Vermieter nicht hinnehmen (LG Potsdam, Urteil vom 17.08.2011, Az. 4 S 193/10). Auch muss die Beleidigung nicht mündlich geäußert werden, eine Beleidigung per SMS kann ebenso eine fristlose Kündigung rechtfertigen (LG Berlin, Beschluss vom 22.02.2005, Az. 63 S 410/04).
 

Amtsgericht Köpenick: keine Beleidigung bei jugendsprachlicher Unmutsäußerung

Das Amtsgericht Köpenick hat in einem ähnlichen Sachverhalt (AG Köpenick, Urteil vom 15.9.2020, Az. 3 C 201/19) jedoch entschieden, dass ein durch den Mieter gegenüber dem Hausverwalter des Vermieters geäußertes „Fuck you“ keine Beleidigung darstelle, die Ihrer Intensität nach geeignet sei, eine fristlose Kündigung zu begründen.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt führte der Kläger aus, der beklagte Mieter habe trotz Abmahnung vertragswidrig den Mitgebrauch seiner Wohnung einer weiblichen Person überlassen, ohne hierfür eine Erlaubnis zu haben. In der Kündigung ergänzte er die Begründung um den Vorwurf der Beleidigung des Hausverwalters. Der Mieter habe anlässlich einer Begegnung mit dem Zeugen, dem Hausverwalter des Klägers, im Treppenhaus ,,fuck you” gesagt.



In der Entscheidung hat das AG Köpenick hierzu angeführt:

„Es kann dahinstehen, ob der Beklagte dem Hausverwalter gegenüber die Worte „fuck you” geäußert hat, da eine solche einmalige – jugendsprachlich verbreitete – Unmutsäußerung, zumal in einer als bedrängend empfundenen Situation, nicht ausreicht, um eine Kündigung zu begründen. Die Worte sind insbesondere unter Berücksichtigung der angespannten Situation während eines Räumungsrechtsstreits nicht derart schwerwiegend und ehrverletzend, dass sie die Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Mietverhältnisses begründen könnten.“
 

Grundsätzlich würde diese Einschätzung nach diesseitiger Auffassung zu Unverständnis führen. Die angeführte Äußerung ist, als Jugendsprache klassifiziert oder nicht, hinlänglich für Jedermann verständlich und dürfte im Regelfall durchaus als beleidigend aufgefasst werden (und auch gemeint sein).

 

Immer eine Entscheidung im Einzelfall

In dem vorliegenden Sachverhalt muss jedoch ergänzend angeführt werden, dass die Äußerung durch den Mieter in einer „Drucksituation“ erfolgte. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass es gängige Praxis des Hausverwalters war, Besucher des Hauses anzuhalten und zu befragen bzw. sogar deren Ausweis zu kopieren. Die Äußerung des Mieters gegenüber erfolgte in einer solchen Situation im Treppenhaus, als der Hausverwalter diesen „zur Rede“ habe stellen wollen. Das Gericht führt hierzu an:

„Dem Kläger ist jedoch mit aller Deutlichkeit zu sagen, dass Besuche der Freundin weder einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache darstellen, noch Anlass zu „Kontrollen” durch den Hausverwalter bieten.“

Ob ein entsprechendes Verhalten eines Mieters mithin eine fristlose Kündigung rechtfertigt, ist somit immer im Einzelfall zu beurteilen.

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