Gewerbliche Vermietung: Mietminderung durch Störung der Geschäftsgrundlage?
Viele gewerbliche Mieter berufen sich bezüglich einer Absenkung der Miete auf die sogenannte Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Die Vorschrift regelt nicht nur den vollständigen Wegfall der Geschäftsgrundlage sondern auch sonstige vertragswesentlichen Störungen. Dort wird in § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB die Geschäftsgrundlage mit Umständen umschrieben, die zur Grundlage eines Vertrags geworden sind. Haben sich diese – nicht ausdrücklich aus dem Vertragsinhalt hervorgehenden – Umstände nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert, liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor. Die Störung muss so gravierend sein, dass dadurch die beiderseitigen Verpflichtungen in ein grobes Missverhältnis geraten. Es darf jedoch nicht um Erwartungen und Umstände gehen, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Vertragsparteien fallen.
Mit einer Gesetzesänderung - Artikel 240 § 7 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit dem Titel "Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen - will der Gesetzgeber den Einzelfall betrachten und ordnet eine gesetzlich vermutete Störung der Geschäftsgrundlage von Gewerbemietverhältnissen an. Mieter sollen vom Vermieter eine Anpassung der Miete an die Umstände der Corona-Pandemie wegen Störung der Geschäftsgrundlage verlangen können, wenn die wirtschaftlichen Folgen für Mieter unzumutbar sind.
Die Corona-Pandemie kann somit eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen, muss es jedoch nicht. Die Frage, ob eine Anpassung der Miete angemessen ist, bleibt offen und muss im Einzelfall (im Zweifel einer gerichtlichen Klärung) entschieden werden.
Hierzu sind unlängst zwei wesentliche und vor allem gänzlich konträre Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden und des OLG Karlsruhe ergangen. Zugunsten einer gewerblichen Mieterin entschied am 24.02.2021 das OLG Dresden. Nach der Rechtsauffassung der dortigen Richter sei eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB eingetreten. Der Mietvertrag sei anzupassen, die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung aufgrund der Corona-Pandemie auf die Hälfte zu reduzieren. Ganz anders die Entscheidung des OLG Karlsruhe: das Vorliegen der Störung der Geschäftsgrundlage wurde dort verneint. Eine pandemiebedingte Schließungsanordnung begründe laut dem OLG Karlsruhe keinen Sachmangel, welcher zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führe.
Aufgrund der divergierenden OLG Entscheidungen ist auf eine zeitnahe, richtungsweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu hoffen.