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EU Flaggen vor dem Gebäude der EU-Kommission
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Gebäudeeffizienzrichtlinie

Größenordnungen und Kosten der EU-Zielvorgaben für Energieeinsparungen

Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die EU-Kommission, das EU-Parlament sowie der Europäische Rat im Trilog-Verfahren auf neue Regelungen bei der Gebäudeeffizienz geeinigt. An die Stelle von ursprünglich diskutierten einheitlichen Mindesteffizienzstandards (MEPS) und einer Sanierungspflicht der ineffizientesten Gebäude eines Landes sind vorgeschriebene Zielpfade zur Primärenergieeinsparung getretenDie Mitgliedstaaten haben somit die Freiheit, ihre eigenen Wege zur Senkung des Energieverbrauchs im Wohngebäudebereich zu wählen.

Am 7. Dezember 2023 haben sich die Vertreter der EU-Kommission, des Europäischen Rates und des EU-Parlaments auf eine Reform der Gebäudeeffizienzrichtlinie geeinigt. Die Mitgliedstaaten werden dazu verpflichtet, den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch ihrer Wohngebäude schrittweise zu reduzieren. Bis 2030 soll eine Reduzierung um 16 Prozent erreicht werden, und bis 2035 wird eine Senkung von 20 bis 22 Prozent angestrebt. Es gibt keine zwingenden Sanierungsvorgaben für ineffiziente Gebäude mehr. Allerdings bleibt der Ansatz erhalten, ineffiziente Wohngebäude zu renovieren. Dies soll 55 Prozent der angestrebten Energieeinsparungen liefern. Wie die restlichen 45 Prozent eingespart werden, steht jedem Mitgliedstaat frei.

Zur Einordnung dieser beschlossenen Zielvorgaben ist es zunächst hilfreich, sich den Status quo vor Augen zu führen. Laut dem Gebäudereport der Deutschen Energie-Agentur (dena) 2023 lag der Primärenergieverbrauch im Gebäudesektor in Deutschland im Jahr 2021 bei 911 Terrawattstunden (TWh). Zum Primärenergieverbrauch tragen neben der Raumwärme auch Warmwasser, Klimakälte und die Beleuchtung bei. Aktuellere Zahlen liegen hierzu noch nicht vor. Eine Reduzierung des Primärenergiebedarfs aus dem Jahr 2021 um 16 Prozent, wie es der Beschluss der EU bis 2030 vorsieht, würde einen Primärenergieverbrauch von etwa 765 TWh ergeben. Dieser Wert dürfte jedoch noch etwas niedriger ausfallen, da der Primärenergieverbrauch in den vergangenen Jahren im Trend abnehmend war.

Der Gesamtendenergieverbrauch für Raumwärme und Warmwasser lag im Jahr 2021 bei 817 TWh. Hiervon entfielen etwa 69 Prozent auf Wohngebäude und 31 Prozent auf Nichtwohngebäude. Im Jahr 2022 sank der Endenergieverbrauch um etwa 3,4 Prozent auf 789 TWh. Bei den Wohngebäuden fiel er für Raumwärme und Warmwasser sogar um etwa 5,5 Prozent auf 535 TWh, wohingegen er bei Nichtwohngebäuden um rund 1,2 Prozent zunahm.

Grundsätzlich ist der Gesamtendenergieverbrauch der Haushalte in Kilowattstunden pro Quadratmeter (kWh/m²) in den letzten Jahren schon deutlich zurückgegangen. Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanz zeigen für die Jahre 2005 bis 2014 (also innerhalb von zehn Jahren) einen Rückgang von fast 24 Prozent des Endenergieverbrauchs. Hierbei muss man aber im Hinterkopf behalten, dass zunächst die Maßnahmen durchgeführt wurden, die mit relativ geringem Aufwand umgesetzt werden konnten. Es wird also von Jahr zu Jahr teurer und komplizierter, weitere Fortschritte zu erreichen. Vor allem vor dem Hintergrund der beschlossenen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und der damit verbundenen Maßnahmen scheinen die angestrebten 16 Prozent bis 2030 aber trotzdem erreichbar. Ob die weitere Reduzierung um 20 bis 22 Prozent bis 2035 allerdings realistisch ist, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schwer absehen.

Klar ist, dass in den kommenden Jahren viel Geld investiert werden muss. Natürlich sind die MEPS und damit auch die Sanierungspflicht der ineffizientesten 15 Prozent des Gebäudebestandes auf europäischer Ebene vom Tisch. Um dennoch eine Vorstellung der Ausmaße der Sanierungskosten zu bekommen, helfen die Zahlen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE e. V.). Laut ARGE e. V. entsprechen 15 Prozent der ineffizientesten Gebäude in Deutschland etwa 2,4 Millionen Wohngebäuden. Wenn man diese Bauten auch nur teilmodernisiert, um eine höhere Effizienzklasse zu erreichen, fallen hier Investitionskosten von jährlich mindestens 17,2 Milliarden Euro bis 2030 an. Diese Studie stammt aus dem Jahr 2022. Kosten von 17,2 Milliarden Euro per anno bis 2030 entsprechen also Gesamtaufwendungen von etwa 137,6 Milliarden Euro. Bei 2,4 Millionen Gebäuden fallen pro Gebäude also Kosten von etwa 57.333 Euro an.

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