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Wann ist eine Verwertungskündigung gerechtfertigt?

Der Vermieter kann einen unbefristeten Mietvertrag nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses ordnungsgemäß kündigen. Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB liegt ein solches Interesse vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Der Zweck einer Verwertungskündigung muss stets in einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks liegen, so dass ein Verkauf, eine Sanierung oder der Abriss einer Immobilie in Betracht kommt. Wichtig ist, dass die wirtschaften Nachteile durch die Vermietung dem Vermieter nicht mehr zumutbar sind oder die Vermietung die wirtschaftliche Verwertung tatsächlich verhindert. Der Gesetzgeber legt hier besonders strenge Anforderungen an die Begründung der Verwertungskündigung, insbesondere an den wirtschaftlichen Nachteil für den Vermieter, um Immobilienspekulationen zu verhindern.


Das Amtsgericht Dachau hat nunmehr entschieden, dass ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil des Vermieters anzunehmen ist, wenn der Kaufpreis eines unvermieteten Objekts 15 bis 20 % höher als im Vergleich zu einem vermieteten Objekt ist. (Urteil vom 10.5.2024 – 4 C 240/22)


Der Entscheidung liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Vermieter behauptet hat, dass er durch das bestehende Mietverhältnis an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung der Immobilie gehindert sei. Im Falle der Veräußerung der streitgegenständlichen Immobilie sei in vermietetem Zustand ein Verkaufspreis von maximal 1,3 Mio. EUR und in unvermietetem Zustand ein Verkaufspreis von 1,75 Mio. EUR erzielbar. Ferner behauptet der Vermieter, dass im Falle einer baurechtlich genehmigten Errichtung eines weiteren Einfamilienhauses auf dem mitvermieteten rückwärtigen Grundstücksbereich ein Gewinn in Höhe von 400.000 EUR entstehe und damit die Verlustquote insgesamt 48,57 % betrage. Das Gericht sah diesen Vortrag nach Bestätigung durch einen Sachverständigen als schlüssig und nachvollziehbar an und bejahte den erheblichen wirtschaftlichen Nachteil, ohne dabei auf die Vermögensverhältnisse des Vermieters abzustellen.


Diese Entscheidung ist richtig. Zwar muss der Vermieter neben einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil hinreichend substantiiert seinen Wunsch zur Veräußerung vortragen, aber es ist nicht erforderlich, dass der Eigentümer in Existenznot gerät. Da es bisher aber noch keine einheitliche Rechtsprechung zur Frage gibt, ab welchem prozentualen Kaufpreisabschlag ein erheblicher Nachteil zu bejahen ist, wird immer eine Einzelfallprüfung erforderlich sein und eine anwaltliche Beratung ist zu empfehlen.

Claudia Knöppel, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.

 

 

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