Ein Blick ins Gesetz erspart viel Geschwätz
Der Baum zu hoch, das Laub zu viel, die Äste zu lang. Oftmals führen Unwissenheit oder Nachlässigkeit dazu, dass Hauseigentümer durch ihre Anpflanzungen bei ihren Nachbarn für Verärgerung sorgen. Regelmäßig sind herüberwachsende Sträucher oder anderweitige Beeinträchtigungen des eigenen Grundstücks, durch Bäume und Sträucher des Nachbarn, Thema in den Beratungssprechstunden des Landesverbandes. Und nicht selten sind nachbarrechtliche Streitigkeiten mit viel Emotionen verbunden.
Dabei wäre dies in vielen Fällen gar nicht notwendig. „Ein Blick ins Gesetz erspart viel Geschwätz“, wie es so schön heißt. Eigentlich auch unter Nachbarn. Maßgeblich sind hierbei das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sowie das Nachbarrechtsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (NachbG Schl.-H.). Natürlich sind die gesetzlichen Vorgaben für den juristischen Laien oftmals schwer verständlich, weshalb nachfolgend die wesentlichen Regelungen aufgezeigt werden sollen.
Wachsen Äste und Wurzeln von Bäumen und Sträuchern auf das eigene Grundstück, so besteht für den Eigentümer dieses Grundstücks das Selbsthilferecht. Er kann den Überwuchs eigenhändig abschneiden. Aber es gibt hierbei einen wichtigen Unterschied: Wurzeln können sofort abgeschnitten
werden, es sei denn, eine vorherige Aufforderung zum Entfernen an den Nachbarn ist aus Sicherheitsgründen geboten. Bei Ästen bedarf es dieser vorherigen Aufforderung an den „Störer“ unbedingt. Diesem ist eine angemessene Frist zur Beschneidung zu setzen. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, kann vom Selbsthilferecht Gebrauch gemacht werden. Ist der Anspruch berechtigt, so kann hierbei der Ersatz der entstandenen Kosten für das Zurückschneiden von dem
Nachbarn verlangt werden, von dessen Anpflanzungen die Störung ausging.
Aber ganz wichtig: das Selbsthilferecht stellt keineswegs eine Befugnis dar, das nachbarliche Grundstück ohne erteilte Erlaubnis zu betreten (um z.B. die Beschneidung besser durchführen zu
können). Ein derartiges Vorgehen würde einen Hausfriedensbruch und mithin eine Straftat darstellen.
Relevant sind insbesondere auch Anpflanzungen, die sich auf dem Grundstück des Nachbarn selber befinden. Bäume, Sträucher und Hecken unterliegen hierbei bis zu einer Höhe von 1,20 Metern keinen Einschränkungen. Hierbei ist die Spitze der Pflanze maßgeblich, nicht jedoch deren Äste. Wird diese Höhe überschritten, so ist der Abstand zum Nachbargrundstück dergestalt einzuhalten, dass für jeden Teil der Anpflanzung der Abstand mindestens ein Drittel seiner Höhe über dem Erdboden beträgt.
Dies gilt hingegen für jeden Teil der Pflanze. Als Beispiel: Bei einem sechs Meter hohen Baum, muss dieser somit einen Mindestabstand von zwei Metern zum Nachbargrundstück aufweisen. Ein Ast dieses Baumes in drei Metern Höhe muss daher mindestens einen Meter von der Grenze entfernt sein. Was passiert nun, wenn die Anpflanzung dieser Mindestmaßnahme entweder bei Pflanzung oder durch Wuchs überschreitet? Ist dies der Fall, so steht dem Nachbarn ein Anspruch auf Zurückschneiden bis zu dem aufgezeigten Maß gegen den Eigentümer oder dessen Mieter zu.
Hierbei bedarf es übrigens keiner konkreten Einschränkung des nachbarlichen Grundstücks, der Anspruch besteht grundsätzlich und selbst bei geringer Überschreitung. Ausnahme: eine Hecke auf einer Grundstücksgrenze ist von diesen Vorgaben nicht betroffen, wenn sie als Einfriedung und somit als Grenzeinrichtung dient (diese ist dann auf der ortsüblichen Höhe zu halten).
Aber Obacht: der Anspruch besteht nicht uneingeschränkt fort. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Anpflanzung die zugelassene Höhe oder den zugelassenen Abstand überschreitet und nicht bis zum Ablauf des zweiten darauf folgenden Kalenderjahres Klage eingereicht worden ist.
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