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Wissenswertes
Martin Rathsack, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)

Neue BGH-Entscheidung aus dem Nachbarrecht

Warum geht es in der Entscheidung?

Der Bundesgerichtshof hat am 1. Juni 2021 – V ZR 234/19 entschieden, dass Nachbarn die zu ihnen herüberhängenden Äste eines Baumes auch dann abschneiden dürfen, wenn bei diesem Baum durch das Abschneiden eine Gefährdung der Standsicherheit des Baumes oder gar ein Eingehen des Baumes droht. Des Weiteren beinhaltet die Entscheidung den interessanten Aspekt, dass bei starkem Herabfallen von Nadeln und Kiefernzapfen des hier streitgegenständlichen Baumes hierdurch bereits eine so starke Beeinträchtigung des Nachbarn vorliegt, dass dieser die Äste entfernen darf.
 

Welcher Sachverhalt lag zugrunde?

Den Ablauf des streitigen Verfahrens zeigt der BGH schön im folgenden Sachverhalt (nach der Pressestelle des BGH):
Die Parteien sind Nachbarn. Auf dem Grundstück der Kläger steht seit rund 40 Jahren eine Schwarzkiefer, deren Äste seit mindestens 20 Jahren auf das benachbarte, dem Beklagten gehörende Grundstück ragen. Der Baum hat eine Höhe von rund 15 Metern. Der Beklagte, der sich durch die herabfallenden Nadeln und Zapfen gestört fühlt, forderte die Kläger erfolglos auf, die überhängenden Äste zurückzuschneiden. Anschließend schnitt er selbst Äste ab. Die Kläger verlangen von dem Beklagten, es zu unterlassen, von der Kiefer überhängende Zweige oberhalb von fünf Metern abzuschneiden. Sie machen geltend, dass das Abschneiden der Äste die Standsicherheit des Baums gefährde.
 

Welche rechtliche Problematik stellt sich?

Das grundsätzliche rechtliche Problem liegt darin, dass Nachbarn grundsätzlich gemäß § 910 BGB nur ein Recht zur Entfernung von überhängenden Ästen haben, insofern sie von diesen Ästen unmittelbar beeinträchtigt werden. Grundsätzlich ist hiervon jedoch nicht die mittelbare Beeinträchtigung durch die herabfallenden Zweige, Nadeln, Kiefernzapfen abgedeckt. Der Nachbar hatte also bereits das Recht sämtliche Äste bis zu einer Höhe von 2-3 m zurückzuschneiden, weil diese Ihnen selbstverständlich direkt beeinträchtigt hätten. Die unmittelbare Beeinträchtigung durch herabfallenden Pflanzenteile oder Verschattung war jetzt der besondere Streitpunkt zwischen den Parteien.
 

Was sagt der BGH?

Der der Bundesgerichtshof argumentiert, dass der Überhang, also die über die Grundstücksgrenze herüber haargenauen Äste, auch mit dem herunterfallen von Pflanzenteilen eine unmittelbare Beeinträchtigung hervorrufen. Das Verfahren wurde vom BGH an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Maßgabe, dass dort abgewogen werden müsse, ob die Beeinträchtigung des Nachbarn so gravierend sei, dass gegebenenfalls gar ein Absterben (und damit ein Entfernen des Baumes) vom Baumeigentümer hingenommen werden müsse.

Die Entscheidung stärkt die Rechte von Nachbarn, auf deren Grundstück Pflanzen herüberragen. Wir werden die schriftliche Urteilsbegründung analysieren. Gerne werden wir Ihre sich hieraus ergebenden rechtlichen Fragestellungen beantworten.

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