Verwertungskündigung: Der ersatzlose Abriss eines Gebäudes stellt keine wirtschaftliche Verwertung dar
In Mietverhältnissen über Wohnraum sind die ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten für einen Vermieter nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Insoweit setzt der § 573 BGB voraus, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. In § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB wird sodann aufgeführt, dass ein berechtigtes Interesse insbesondere dann vorliegt, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mitverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Ein derartiges berechtigtes Interesse einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes hatte der Bundesgerichtshof im vorstehenden Urteil zu überprüfen.
Im Fall des BGH hatte der Vermieter eines ehemaligen Landarbeiterhauses seinem Mieter gekündigt. Dies hat er damit begründet, dass das Nebenhaus, in dem sich das Badezimmer des Mieters befunden hat, aus wirtschaftlichen und statischen Gründen abgerissen werden müsse. Eine Wiederherstellung des Nebengebäudes sei nach Ansicht des Vermieters nicht ansatzweise darstellbar. Im Rahmen des Rechtsstreits wiederholte der Kläger die Kündigung und verwies darauf, dass der Anbau eines neuen Badezimmers rund 26.000 € kosten würde, was sich in Anbetracht der geringen Miete von 60 Euro pro Monat wirtschaftlich nicht tragen würde.
Der BGH gab den Vorinstanzen Recht, dass die Kündigung des Vermieters unwirksam ist. Insoweit führte der BGH aus, dass durch den ersatzlosen Abriss eines Gebäudes oder Gebäudeteils zwar Unkosten vermieden werden könnten, hierdurch jedoch keine Realisierung des dem Grundstück innewohnenden materiellen Wertes und damit keine wirtschaftliche Verwertung im Sinne des §§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB vorliegen würde. Nach der Ansicht des BGH fehlte insoweit ein Sachvortrag des Vermieters, in welcher Weise er nach dem geplanten Abriss mit dem Objekt verfahren wolle. Tatsächlich habe der Vermieter sogar angeben, dass er nicht wisse, was er nach dem Abriss mit dem Grundstück anfangen möchte.
Auch losgelöst von der wirtschaftlichen Verwertung konnte der BGH kein berechtigtes Interesse des Vermieters feststellen. Insoweit sei zwar durchaus auch der geringere Mietzins zu beachten. In Hinblick auf die Investitionskosten von 26.000 € für ein neues Badezimmer, welches den Gebäudewert aber auch erhöhen würde, könne nicht von einem erheblichen Nachteil für den Vermieter ausgegangen werden.
Fazit: Sowohl bei einer Verwertungskündigung als auch bei einer anderweitigen Kündigung, mit dem vom Vermieter verfolgten Ziel, den Kosten für die Wiederherstellung der Mietsache zu entgehen, begründet nicht jeder aus dem Fortbestand des Mietverhältnisses dem Vermieter erwachsene wirtschaftliche Nachteil einen Anspruch auf Räumung der Mietwohnung.