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Rechtstipp
Martin Rathsack, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)

Keine schematische Prüfung des Eigenbedarfs bei entsprechender Kündigung

Häufig werde ich in der Beratung gefragt, welche schematischen Voraussetzung für die Prüfung eines Eigenbedarfs vorliegen müssten; welcher Personenkreis; welche Nutzungsabsicht dieser Personen; und schließlich welche Härtefall Einwände bei den Mietern vorliegen dürften oder müssten.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 11.12.2019 Az. VIII ZR 144 / 19 klargestellt, dass eine solche schematische Prüfung anhand äußerer Kennzahlen alleine nicht ausreicht.

Typische Beispiele aus der Beratung sind z.B. die Nichte, für die Eigenbedarf geltend gemacht werden soll. Grundsätzlich gehört die Nichte durchaus zum begünstigten Personenkreis, jedoch muss um den Eigenbedarf dann auch darstellen zu können ein Näheverhältnis zwischen dem Eigentümer und der Nichte in der Gestalt vorliegen, als das hiermit die Eigenbedarfs Kündigung begründet werden kann.
Der Fall manchen Vermieters, dass er den unliebsamen Mieter loswerden möchte und hierzu der ansonsten kaum kontaktierten Nichte auf der letzten Familienfeier die Wohnung günstig zur Verfügung stellen wollte wird demnach hiervon nicht umfasst.

Aber auch andersherum sind typische Härtefalleinwände der Mieter nicht derart schematisch zu betrachten, wie dies häufig geschieht. Das hohe Alter des Mieters, die zahlreichen Kinder der Mieterfamilie, alles für sich genommen keine ausreichenden Gründe um einen Härtefall begründen zu können.
Allein das hohe Alter einer Mieterin in einem Fall vor dem Berliner Landgericht reichte mit ihren 87 Jahren nicht um einen Eigenbedarf wirksam verhindern zu können. Die Mieterin war ansonsten bei guter Gesundheit und es drohte keinerlei Ungemach für den Fall eines Umzugs. Im vorliegenden BGH Fall machte eine Familie ausländischer Abstammung mit vier Kindern geltend, wegen ihrer Abstammung und der vielen Kinder sei es ihnen unmöglich einen entsprechenden Ersatzwohnraum zu finden – diese einfache Argumentation reichte dem BGH nicht. Das vorinstanzliche Gericht hätte die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der Familie genauer anschauen müssen und nach detaillierter Prüfung zu einem entsprechenden Ergebnis kommen müssen. Die pauschale Betrachtung der Familiengröße oder der Abstammung kann kein Grund für das Versagen eines Eigenbedarfs sein.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Eigenbedarfskündigung gut vorbereitet sein will. Es ist sinnvoll hierzu eine Beratung bei uns in Anspruch zu nehmen und gegebenenfalls die einzelnen Aspekte der Eigenbedarfs Kündigung im geraten Beratungsgespräch zu erläutern und auszuarbeiten. Gelingen jetzt noch die formellen Voraussetzungen und die ordnungsgemäße Kündigungsfrist steht einer wirksamen Eigenbedarfskündigung hoffentlich nichts im Wege.

Wir beraten Sie hierzu gerne!

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