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Baugruppen
Gemeinsam planen, bauen und leben
Wohnraum ist knapp, die Immobilienpreise sind nach wie vor hoch und es wird lange nicht so viel gebaut wie eigentlich nötig. Manche nehmen das Problem kurzerhand einfach selbst in die Hand – und gründen eine Baugruppe.
Eine Baugruppe ist eine Gemeinschaft von Privatpersonen, die sich zusammenschließen, um gemeinsam ein Wohnprojekt zu planen, zu finanzieren und schließlich zu realisieren. Der Zusammenschluss der zukünftigen Bewohner ermöglicht eine individuelle und bedarfsgerechte Planung und Umsetzung, die sowohl finanziell als auch sozial attraktive Alternativen zu herkömmlichen Bauprojekten bieten kann. Anders als beim traditionellen Immobilienkauf erwerben die Mitglieder einer Baugruppe ihre Wohnungen also nicht von einem Entwickler, der das Projekt vollständig konzipiert hat. Stattdessen tritt die Gruppe quasi als eigene Bauherrin auf und gestaltet ihr Projekt selbst.
Entstehungsidee der Baugruppen
Die Idee der Baugruppen stammt ursprünglich aus den 1980er- und 1990er-Jahren und fand ihren Ursprung in Städten wie Berlin und Freiburg. Damals war die Idee einer „selbstbestimmten Stadtentwicklung“ vor allem in studentischen und sogenannten alternativen Kreisen populär. Junge Menschen und Familien wollten sich der vorherrschenden Wohnpolitik entziehen und eine Gemeinschaft schaffen, die auf individuellen Bedürfnissen und sozialen Kontakten aufbaut. In den folgenden Jahren erfreute sich das Konzept auch in anderen deutschen Städten wachsender Beliebtheit.
Ein bekanntes Beispiel ist das Quartier Vauban in Freiburg, das als Vorzeigeprojekt für nachhaltiges und ökologisches Bauen gilt. Hier schlossen sich mehrere Baugruppen zusammen, um ein klimafreundliches Wohnviertel zu errichten. Die Bewohner legten besonderen Wert auf ökologische Bauweise, niedrigen Energieverbrauch und gemeinschaftliche Nutzflächen. Ein weiteres prominentes Beispiel ist das Cohousing-Projekt R50 in Berlin-Kreuzberg. In diesem Projekt entschieden sich die Mitglieder gemeinsam für einen radikalen Minimalismus: Sie verzichteten auf aufwendige Flure und nutzten Gemeinschaftsflächen effizient. Die Architektur des Hauses wurde auf die Bedürfnisse der Bewohner zugeschnitten, wodurch eine einzigartige Mischung aus Privatsphäre und Gemeinschaft entstand.
Wie funktioniert eine Baugruppe?
Es sind Beispiele wie diese, die dafür gesorgt haben, dass Baugruppenprojekte zu einer anerkannten Wohnform avancierten, die mittlerweile sogar von Städten und Kommunen gefördert werden. Der Prozess der Gründung und Realisierung einer Baugruppe ist tatsächlich relativ vielschichtig und erfordert neben Engagement auch Organisation. Interessierte, die gemeinsam bauen möchten und in der Regel ähnliche Wohnvorstellungen oder Lebensphilosophien haben, finden etwa durch lokale Baugruppenbörsen, digitale Bauplattformen oder spezielle Beratungsstellen in Städten zusammen. Ist ein passendes Grundstück gefunden, nehmen sie die Planung des Gebäudes in Angriff. Dabei arbeiten die Mitglieder eng mit Architekten, Stadtplanern und Finanzberatern zusammen.
Praktische Vorteile
Durch die gemeinschaftliche Organisation kann eine Menge Geld gespart werden – etwa indem auf einen Bauträger verzichtet wird. Gewinnmargen, die sonst an einen Bauträger fließen würden, entfallen, da die Baugruppe als eigene Bauherrin auftritt. Zudem lassen sich Kosten durch Eigenleistungen und gemeinschaftlichen Einkauf von Baumaterialien reduzieren.
Die Finanzierung erfolgt in der Regel durch eine Mischung aus Eigenkapital der Mitglieder und Bankkrediten. Hierbei sind die Finanzierungsmodelle vielfältig: Es gibt sowohl genossenschaftliche Strukturen, bei denen die Beteiligten Miteigentümer des gesamten Gebäudes werden, als auch Eigentumsmodelle, bei denen jeder Einzelne seine eigene Wohnung erwirbt. All diese Parameter werden im Vorfeld festgelegt – und erfordern eine sorgfältige Planung: Denn da die Baugruppe ja in der Regel ohne professionellen Bauträger agiert, trägt sie auch das volle finanzielle Risiko. Es besteht die Gefahr, dass die Baukosten höher ausfallen als erwartet oder dass einzelne Mitglieder abspringen und die finanzielle Belastung für die verbleibende Gruppe somit zunimmt.
Vernetzung erwünscht
Einer der größten Vorteile von Baugruppen ist die Möglichkeit der Mitgestaltung. Die zukünftigen Bewohner können von Anfang an ihre Ideen und Wünsche einbringen, was in traditionellen Bauprojekten oft nicht möglich ist. So entstehen Wohnungen, die genau auf die Bedürfnisse der Bewohner zugeschnitten sind. Baugruppen können beispielsweise besonders nachhaltige und innovative Wohnkonzepte umsetzen, etwa durch den Einbau ökologischer Baumaterialien, gemeinschaftliche Energieversorgung oder die Schaffung großzügiger Gemeinschaftsflächen.
Auch die soziale Komponente spielt eine entscheidende Rolle. Baugruppenprojekte fördern den Kontakt und die Vernetzung der Bewohner untereinander, was oft ausdrücklich erwünscht ist. Schon während der Planungs- und Bauphase lernen sich die künftigen Nachbarn kennen, was eine wichtige Grundlage für ein nachbarschaftliches Zusammenleben bildet. Durch gemeinschaftliche Flächen wie Gärten, Gemeinschaftsräume oder Werkstätten wird der Austausch weiter unterstützt und gefördert.
Herausforderungen bei Baugruppen
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen und Nachteile, die bei Baugruppenprojekten beachtet werden müssen. Einer der größten Kritikpunkte ist der enorme Planungs- und Organisationsaufwand. Die Mitbestimmung aller Beteiligten bedeutet auch, dass viele Entscheidungen getroffen und zahlreiche Kompromisse gefunden werden müssen. Das erfordert Geduld, Verhandlungsgeschick und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit. Nicht selten führen unterschiedliche Vorstellungen und Meinungen zu Konflikten innerhalb der Gruppe, die die Realisierung des Projekts verzögern oder sogar scheitern lassen können. Überhaupt sind Baugruppenprojekte häufig zeitaufwendig. Von der Gründung der Gruppe bis zum Einzug können mehrere Jahre vergehen. Die Prozesse der Grundstückssuche, Planung, Genehmigung und Bauphase erfordern viel Engagement und können gerade für Berufstätige mit wenig Zeit zur Herausforderung werden.